Schlagfertigkeitstraining im Umgang mit rechtspopulistischen Äußerungen im Göttinger YLAB
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Sean Feldmann |
Datum: | |
Dauer: | 04:26 Minuten bisher gehört: 244 |
Manuskript
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Populistische Äußerungen sind zur Zeit in beinahe allen Themengebieten wiederzufinden. Stammtisch-Parolen und rassistische Aussagen machen weder vor Sportvereinen noch vor Klassenzimmern Halt. Viele Parolen sind sprachlich simpel aufgebaut und daher leicht im Kopf zu behalten, doch brechen sie vieles bis auf einen stumpfen Nenner herunter. Michael Ohnesorge, Seminarleiter für schulische und außerschulische politische Bildung, verdeutlicht die Problematik dieser Aussagen.
O-Ton 1, Michael Ohnesorge, 28 Sekunden
"Die Hauptprobleme sind erstens, dass sie die Welt unglaublich vereinfachen und den Schein erwecken, man könne alles durch ganz einfache schnelle Lösungen regeln. Zweitens ist ein großes Problem, dass ganz oft bestimmte Menschen oder Menschengruppen mit diesen Parolen ausgegrenzt werden. Weil die dann "so" sind, oder "anders" sind. Jedenfalls "ich" mich von "ihnen" abhebe und als nicht zugehörig zu Deutschland oder meinem Ort oder wie auch immer ansehe."
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Mit Populismus umzugehen, ist äußerst schwierig. Schüler und Lehrkräfte sollten aus diesem Grund für die Themen Populismus und Rassismus sensibilisiert werden. Eine wichtige Aufgabe von Schulen und Universitäten ist es, auch bei heiklen gesellschaftlichen Themen institutionsübergreifende Aufklärungsarbeit zu leisten, so der Leiter des YLAB, Gilbert Heß.
O-Ton 2, Gilbert Heß, 27 Sekunden
" Das politische Gefüge verändert sich momentan dramatisch. Die Demokratie ist in Gefahr und wir als universitäre Einrichtung sollten auch diesen gesellschaftspolitischen Auftrag haben, in die Schulen hinein zu wirken. Das, was wir tun können, die Lehrkräfte zu stärken, um mit diesen Parolen umgehen zu können. Mir ist es auch wichtig, dass wir hier die Verbindung schaffen, zwischen der Lehramtsausbilduung, die wir an der Universität betreiben, den Lehrkräften bis hin zu den Schülerinnen und Schülern, mit denen wir ja auch hier unmittelbar in den Schülerlaboren arbeiten."
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In diesem Zusammenhang steht eine weitere Frage im Raum: Wie kann sich sprachlich gewehrt und eine klare Grenze gezogen werden, ohne dabei Distanz zu verlieren? Durch rhetorische Mittel und Argumentationsstrategien kann auf Aussagen die die demokratische Grundordnung angreifen, reagiert werden. Ohnesorge erklärt, wie diese Technicken angewandt werden können, ohne sein Gegenüber vor den Kopf zu stoßen.
O-Ton 3, Michael Ohnesorge, 31 Sekunden
"Das erste ganz Wichtige ist, dass ich mein Gegenüber, jedenfalls wenn ich den Eindruck habe, er oder sie will ernsthaft diskutieren, auch als Person wertschätze und ernst nehme. Also nicht gleich voll gegen zu hauen, sondern vielleicht erstmal nachzufragen: "Wirklich alle?, "In welcher Situation?", "Kennst du welche?", "Gibt es nicht auch andere?" , dass heißt, zu versuchen, ins Gespräch zu kommen. Jedenfalls da, wo das von der anderen Seite noch gewollt und erwünscht ist. Mit einem knallharten Rechtsextremen, kann ich natürlich nicht über solche Fragen diskutieren."
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Wichtige Themen, die Heß und Ohnesorge zusätzlich ansprechen, sind zum einen die Prävention, durch die Vermittlung demokratischer Werte, sowie die Definition einer klaren Grenze der Toleranz, deren Basis das wichtigste Grundrecht ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Toleranz, Wahrung der Menschenwürde und die Bereitschaft zum Dialog, sind für die Dozenten des YLABs wichtige Begriffe, wenn es um den Umgang mit rechtspopulistischen oder menschenfeindlichen Äußerungen geht.
O-Ton 4, Gilbert Heß, 31 Sekunden
"Meines Erachtens kann man gar nicht früh genug damit anfangen. Das ist letztlich eine Grundlage die schon im Kindergarten, in der Grundschule beginnen muss. Dass man sich mit Menschenwürde, mit Menschenrechten auseinander setzt, dass man sich mit Toleranzgedanken beschäftigt, dass das ein Grundbestandteil menschlichen Zusammenlebens ist."
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Auch Ohnesorge sieht die Grenze der Toleranz dann erreicht, sobald die Menschenwürde angegriffen wird. Denn niemand dürfe einem anderen das Recht auf Leben oder seine freie Entfaltung absprechen. An Schulen geht dieses Thema ebenfalls nicht spurlos vorbei, denn auch im Klassenzimmer können Kommentare eine bestimmte Grenze überschreiten. Monika Baumgarten, Lehrerin der Fächer Politik und Englisch, berichtet, wie mit rassistischen Bemerkungen umgegangen werden kann, und verdeutlicht, dass es trotz der Schwierigkeiten wichtig ist, zu reagieren.
O-Ton 5, Monika Baumgarten, 32 Sekunden
"In der Schule kommt es selten vor, dass es wirklich im Unterricht geäußert wird. Eher bei Streitigkeiten untereinander oder eher aus Unwissenheit kommt mal ein Spruch. Ich glaube, dass ist grundsätzlich die Schwierigkeit ja für uns alle: Ab wann schreite ich ein und wann denke ich: "Okay die Person hat es nicht so gemeint."? Beziehungsweise, diesen Punkt haben wir ja alle, dass wir sagen: " Ich sage jetzt erstmal nichts, um jetzt hier keinen Konflikt zu haben." Wir haben gelernt, dass es immer richtig ist einzuschreiten und meiner Meinung nach sind die Konsequenzen schwerwiegender, wenn man das einfach so stehen lässt. Und ich glaube, jede Form von Ansprechen und Thematisieren ist hier in diesem Sinne richtig."
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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