"Airness“ – Wie Luftgitarren Persönlichkeiten ändern können
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Narges Sadeghian |
Datum: | |
Dauer: | 03:33 Minuten bisher gehört: 102 |
Hören Sie nun, welche Eindrücke sie von dem Stück mitgenommen hat:
Manuskript
Text
Mit Luftgitarren ein Mal quer durch die USA - das ist der Rahmen des Stückes „Airness“. Schon ab der ersten Sekunde locken die talentierten, studentischen Amateurschauspieler mit ihrer Performance an.
Das neue Stück "Airness“ des Theater im OP, aufgeführt von Theater interessierten Studenten der Universität Göttingen, soll den "Rock & Roll" in den Zuschauern aller Altersgruppen wiederbeleben. Es gibt aufwendige Kostüme, herausstechende Charaktere und mitreißende Songs. Das alles umfasst das englische Drehbuch von Chelsea Marcantel. Voller Witze und unterschwelliger philosophischer Anmerkungen, besticht das Stück durch seinen Sitcom-Stil. Es erzählt die Entwicklungsgeschichte der Protagonistin Nina, später bekannt als "The Nina", und die ihrer Kameraden, Mentoren und Freunde, die vom Publikum von Stadt zu Stadt begleitet werden. Die junge Gitarristin aus einer lokalen Band, die noch nicht mal an die Luftgitarre glaubt, kämpft in Airness um den Titel der Airguitar Championship.
Die Reisebegleiter für die kommenden drei Stunden werden uns in der erste Szene vorgestellt: Canibal Queen, D vicious, Golden thunder, Shreddy Eddy und Facebender und zu guter Letzt die Protagonistin Nina. Sie macht in diesem Augenblick mit ihrem außergewöhnlich „normalen“ Aussehen keinen Krach, mit ihrem Auftritt aber schon. Sie zieht die Aufmerksamkeit aller anderen Mitstreiter auf sich mit ihrer Haltung, denn Sie nimmt die Luftgitarre nicht ernst. Und niemand darf in die Airguitar Championship Qualifikation rein marschieren und dabei Luftgitarre nicht mal ernst nehmen. Am Anfang kann sie das jedoch kaum erkennen. Die desinteressierte Nina ist nur hier, um ihren alten Verlobten, den aktuellen Airguitar-Champion, bloßzustellen.
In diesem Wettbewerb sind die Teilnehmenden jedoch alles andere als feindselig. Die neu gewonnenen Freunde helfen Nina, ihre Identität zu entwickeln und sich von "Nina" zu "The Nina" zu wandeln. Auf dieser Reise lernt The Nina den Sinn von Airguitar für jeden ihrer Freunde kennen. Es ist zum Teil politisch, ein Ausweg, ein Auflehnen gegen das Patriarchat, ein Selbstbeweis und vor allem ein Lebenszweck.
Alles läuft ziemlich flott, bis zum ersten Wiedersehen des ehemaligen Liebespaars. Da wird es laut, es wird geschrien und geschimpft. Wie bei jeder anderen Streiterei wird es verletzend und verdrängt dabei alles Schöne. Den neuen Freunden von Nina gefallen die Streitereien nicht. Sie geben Nina, nachdem Sie deren Airguitarren mit viel Geschick „stimmt“, eine wohlverdiente neue Chance und The Nina zeigt ihr wahres Wesen.
Zwar wirkt die Geschichte auf den ersten Blick wie viele andere amerikanischen Shows, trotzdem gelingt es dem Ensemble, an mehreren Stellen durch die differenzierte Darstellung der Hintergrundgeschichten der Charaktere, dem Stück eine angenehme Tiefe zu verleihen. Allerdings sind einige der zahlreichen Witze des Stückes eher kulturspezifisch, ab und zu ließen sie sich schwer verstehen.
In das dreistündige Stück wurden viele Themen gepackt: Es geht um Freundschaft, Erfolg, den Sinn des Lebens, Feminismus, toxischer Medienkultur, Rivalität, Liebe und vieles mehr. Das könnte für das Publikum manchmal überwältigend wirken, aber die Geschichte ergibt nur in ihrer Einheit Sinn. Es ist ein künstlerische Finesse der Schriftstellerin, der Regisseurin, der Darsteller*innen und aller anderen Beteiligten, alle Enden der Erzählstränge am Ende ordentlich zusammen zu binden - und das ist in „Airness“ sehr gut gelungen.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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