Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Tina Fibiger
Datum:
Dauer: 04:57 Minuten bisher gehört: 124
Auch für das Team der diesjährigen KUNST-Gala muss das Thema Klimawandel weiter im Gespräch bleiben. Zum Gala-Wochenende im Deutschen Theater wurde in der Galerie „art supplement“ die Ausstellung „Tropic Ice“ eröffnet. In ihren Portraits bringt die Hamburger Fotografin Barbara Dombrowski Menschen auf besondere Weise miteinander ins Gespräch über ihren Lebensraum und seine Gefährdung. Sie hat die Gesichter aus dem Amazonasgebiet nach Grönland verpflanzt und lässt die Aufnahmen der indigenen Bevölkerung arktischer Regionen in der Dschungellandschaft von Ecuador verweilen. Tina Fibiger über das „Tropic Ice“ Projekt der Hamburger Fotografin.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Thomas Hoffmann Immobilien Göttingen

Manuskript

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Fast schmächtig wirkt die Gestalt vor dem mächtigen Stamm mit dem ebenso imposanten Wurzelwerk. Sie hält ihre Machete wie einen Schutzschild vor diesem Urwaldriesen. Das gleiche Motiv hat in einer weiteren Aufnahme einen besonderen Blickfang bekommen. Mit der Ansicht eines Fischers, der vor einer frostigen weißen Wand mit seinem Boot über das Wasser gleitet. Beide Regionen zählen zu den sogenannten Kippingpoints, den Kippunkte im Klimasystem, wo die Folgeschäden bei einer weiteren Erderwärmung nicht mehr aufzuhalten sind. In ihren Arbeiten bringt Barbara Dombrowski den Lebensraum in Ostgrönland mit dem Gebiet des Amazonasbeckens in Ecuador ins Gespräch. Vor allem aber sind es die dort lebenden Menschen, denen sie mit ihrem Fotografien und Installationen eine Stimme geben möchte, wenn sie weit entfernte Klimazonen miteinander kombiniert.

 

O-Ton 1, Barbara Dombrowski, 29 Sekunden

Das ist sozusagen der Hauptpunkt meiner Arbeit. Ich porträtiere Menschen und bringe Menschen eben in Dialoge darüber, dass ich eben diese Menschen aus unterschiedlichen Regionen zusammen präsentierte. Aber natürlich muss man diese Menschen immer auch in ihrer Region vor Augen bringe. Man muss wissen, wo kommen die her und darum geht mit meinen Portraits eben auch immer Landschaftsbilder einher: Worum geht es in dieser Region ist es eben das Eis, ist es der Wald oder ist es die Wüste.“

 

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Dombrowski hat ihre Gesichtslandschaften auch den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen ausgesetzt. Das Portrait eines Jungen, das sich auf einem Textilbanner wiederspiegelt, hängt an einem hölzernen Gestell und wird in der menschenleeren Gerölllandschaft von einem stürmischen Wind aufgebläht. An einer Hausfassade verweilen die Gesichter der Inuit, während die stolze Gestalt mit dem Federschmuck auf einem Getreidefeld posiert und eine Waldlichtung zum Schauplatz für ein familiäres Picknick wird. In den Spuren des tropisch-feuchte Klimas in Ecuador verweilt eine Portrait-Galerie auch weiterhin, selbst wenn sie jetzt diesen eisigen Platz an einer Schneewand bekommen hat. Mit ihrem offenen Blick signalisieren die Gesichter ihren Betrachtern, dass auch dieser Lebensraum immer wieder neu belebt werden will. Die Fotografin berichtet von einem weiteren Dialog, als sie die indigenen Bewohner am Amazonas mit den Aufnahmen ihrer weit entfernten Nachbarn vom Polarkreis konfrontierte.

 

O-Ton 2, Barbara Dombrowski, 30 Sekunden

Die waren natürlich sehr neugierig, wie sehen die aus Und dann haben die sich angeschaut, sowohl in Grönland als auch im Regenwald und haben eigentlich beide festgestellt, die sehen ja aus wie wir. Ist ja gar nicht so ein großer Unterschied. Das ist auch wieder schön, in letzter Konsequenz festzustellen: Wir sind alle Menschen desselben Planeten. Plötzlich ist alles egal, Hautfarbe, Herkunft und so weiter spielt alles keine Rolle. Wir sind Menschen, wir sind miteinander verbunden. Unsere Taten haben Auswirkungen, egal wo wir sind. Und darum geht es.“

 

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Nach Grönland und Ecuador hat die Hamburger Fotografin für ihr „Tropic Ice“ Projekt weitere Kontinente und Kipppunkte bereist, in denen die Folgen des Klimawandels sich vernichtend zuspitzen. Dazu gehört Kiribas mit seiner Inselwelt im Südsee Atoll, das vom steigenden Meereswasserspiegel von der Versalzung des Wassers existenziell bedroht ist. Sie war auch in der Mongolei unterwegs und in der afrikanischen Steppenregion am Fuß des Kilimanjaro, um die Menschen, ihre Gesichter und ihre Geschichten miteinander zu vernetzen. Dazu porträtiert sie mittlerweile auch Menschen bei ihren Ausstellungen, die sich von ihrem Projekt angesprochen fühlen.

 

O-Ton3, Barbara Dombrowski, 27 Sekunden

Ich arbeite eben daran, immer mehr Menschen sozusagen in dieses Netz einzuweben, irgendwann wirklich überall auf der Welt so viele Menschen damit eingewoben zu haben, dass wir wirklich ein Welt umspannendes Netz an Menschen haben, die einfach symbolisieren: Wir sitzen hier auf diesem wunderschönen Planeten, der so erhaltens- und so schützenswert ist. Wir müssen uns einfach wieder rückverbinden mit der Natur. Dann werden wir auch wieder spüren und merken, was wichtig ist.“

 

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Auch bei den Demonstrationen im Hambacher Forst wirkten ihre Installationen als Botschafter: Die afrikanischen Massai in einer kargen Landschaft, die sich jetzt mit einer grünen Waldkulisse auf einer Ackerfläche behaupten oder die Gestalt mit der weißen Maske. Auch die mit Blumen geschmückten jungen Frauen möchte Barbara Dombrowski in der Galerie „art Supplement“ mit den Ausstellungsbesuchern ins Gespräch bringen.