"Der Waldmacher" – Welchen Einfluss Bildung auf Umweltschutz haben kann
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Marco Mellinger |
Datum: | |
Dauer: | 03:21 Minuten bisher gehört: 62 |
Manuskript
Text
Mit Blick aus dem Zugfenster, bei der Fahrt durch Deutschland, sieht selbst das ungeschulte Auge eines: Beinahe quadratische Felder ohne den kleinsten Makel. Darauf wächst dann von Raps bis Kürbis alles, was man sich so an Gemüse und Getreide vorstellen kann. In anderen Orten der Welt funktioniert das allerdings nicht. Warum? Beispielsweise in Niger ist das Ackerland aufgrund der Abholzung durch Kolonialmächte vor vielen Jahrzehnten bis heute nachhaltig geschädigt worden. Die haben damals versucht, die Landwirtschaft in Afrika nach europäischem Vorbild umzusetzen, um schnell viele Ressourcen ernten zu können. Das hat ja auch geklappt. Kurzzeitig. Allerdings zum Leid für den gesamten afrikanischen Kontinent. Der zerstörte Boden lieferte fast keine Erträge mehr, Hochpunkt war die Hungersnot von 1984 und 1985 in Äthiopien, bei der schätzungsweise bis zu einer Millionen Menschen starben. Mit dabei war ein Mann: Tony Rinaudo. Der versucht seit den 80er Jahren nämlich, nachhaltige Landwirtschaft und Umweltschutz miteinander zu verbinden, um dadurch die Nahrungsgrundlage der Menschen vor Ort zu retten. Für diese Tätigkeit erhielt er 2018 unter anderem den Alternativen Nobelpreis. Und kurz nach der Preisverleihung traf der einen anderen Mann. Regisseur und Oscar Preisträger Volker Schlöndorff. Von diesem ersten Treffen berichtet Schlöndorff:
O-Ton 1, Volker Schlöndorff
"Ja, eigentlich durch einen Zufall in Berlin als er aus Stockholm zurückkam, wo er den alternativen Nobelpreis, den sogenannten ,bekommen hat. Da haben mir Freunde gesagt, er hält einen kleinen Vortrag heute Abend im Hinterzimmer von einem Italiener und da bin ich hingegangen und war derartig beeindruckt von ihm, dass ich nachher gesagt habe: Ja, das ist ja unglaublich, wieso weis man nicht mehr darüber, soll ich einen Film über sie machen? Dann hat er meine Hand genommen und geschüttelt und von dem Moment an war ich sozusagen verpflichtet das zu machen und sechs Wochen später haben wir uns in Bamako, Mali wiedergetroffen."
Text
Zusammen sind die beiden durch viele afrikanische Länder gereist und verbrachten unter anderem viel Zeit in Niger, wo Rinaudo selbst mit seiner Familie jahrzehntelang wohnte und vor allem Bäume pflanzte. Ganz kurz lässt sich die Bedeutung von Bäumen auf den Ackern so erklären: Sie spenden Schatten, liefern dem Boden Feuchtigkeit und Nährstoffe durch herunterfallendes Laub, halten Wind und Sand fern und können so vielseitige Vorteile für die Landwirtschaft der Menschen bringen. In Schlöndorffs Film „Der Waldmacher“ begleitet er Rinaudo bei seiner Arbeit und zeigt nicht nur fantastische Naturaufnahmen mit Drohnen, sondern auch bewegende Gespräche zwischen den Bauern und Bäuerinnen mit dem Wissenschaftler, die die Vorteile des Projekts zeigen. Insgesamt schafft der Film das, was jede Dokumentation ausmachen sollte: Sich als Zuschauer*in vor Ort anwesend fühlen und trotz Kamera die Realität ungefiltert geliefert zu bekommen.
Leider fehlt dem Film in manchen Punkten etwas inhaltliche Tiefe. So wird eine Ursache für die katastrophalen Zustände, die Kolonialzeit, nur am Rande erwähnt. Generell wird wenig wissenschaftlich-theoretisch erklärt. Nach dem Film ist einem zwar klar, dass Bäume gepflanzt werden müssen, doch das warum das so sein muss, wird leider nur sehr wage beantwortet.
Am Ende steht die Frage im Raum, ob der Film den eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. So finden sich einige besondere, zwischenmenschliche und kulturübergreifende Momente, die kein stigmatisiertes Bild des ganzen Kontinentes Afrika zeigen. Zum anderen will der Film auch als Lobeshymne an die Wissenschaft verstanden werden. Nur offen bleibt, ob die eigenen Ziele des Films zu hoch gesteckt wurden und er so unter den eigenen Ansprüchen bleibt.
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