Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Tina Fibiger
Datum:
Dauer: 05:29 Minuten bisher gehört: 130
Was Ronny Thalmeyer auf der dt.x Bühne ankündigt, klingt nach einer wenig unterhaltsamen Geschichte. Roman Majewski reagiert auch nicht gerade begeistert auf die ersten Sätze, mit denen sein Schauspielkollege da kämpft. Das Schauspiel um „Die Frau in Schwarz“ mit der Inszenierung von Georg Münzel im Bistro-Keller des Deutschen Theaters beginnt wie eine eigenwillige Theaterprobe. Aber wie das bei rätselhaften Geschichten wie denen von Susan Hill so ist, soll sich das Publikum überraschen lassen: Von zwei Schauspielern, die sich auf Theaterfantasien verstehen und von einer geisterhaften schwarzen Gestalt, die sich auch in der Bühnenfassung von Stephan Mallatratt vor allem in Schwiegen hüllt: Tina Fibiger war für uns dabei.

Manuskript

O-Ton 1, Einspieler, „Die Frau in Schwarz“, 22 Sekunden

Text

Es wird noch einige unsanfte, komische und erheiternde Unterbrechungen geben, bis sich Ronny Thalmeyer und Roman Majewski auf dramatisch historische Spurensuche in das britische Marschland begibt, wo schon die nebelige Wetterlage immer wieder Gruselstimmung aufkommen lässt. Dafür ist allerdings ein Rollenwechsel fällig. Zunächst will Ronny Thalmeyer als Erbrecht versierter Anwalt Arthur Kipps ja offenbar endlich eine Geschichte preisgeben, die ihn schon so lange quält. Und bei der soll ihm Roman Majewski in der Rolle des spiel- und rezitationserfahrenen Profis bei Seite stehen. Dann sind endlich alle kritischen Anmerkungen abgehakt und so übernimmt der dramaturgische Besserwisser jetzt einfach den Part des Erzählers und überzeugt seinen unsicheren Miterzähler, alle weiteren Figuren zu spielen, die an der Geschichte um „Die Frau in Schwarz“ beteiligt sind.

 

O-Ton 2, Einspieler, „Die Frau in Schwarz“, 19 Sekunden

 

Text

Ein junger aufstrebender Anwalt soll das Testament einer Mrs. Drablow vollstrecken, die in einer abgelegenen Region in einem ebenso abgelegenen Haus lebt, das nur bei Ebbe erreichbar ist. Die beiden Chronisten in ihren historischen Kostümen im Stil des viktorianischen Zeitalters müssen sich im Bündnis mit Regisseur Georg Münzel und Bühnenbildnerin Lisa Marlen Hartling einiges einfallen lassen. Schließlich müssen auch die vielen Schauplätze auf ihrer rätselhaften Odyssee anschaulich zur Wirkung kommen. Sie haben für den Abend nur ein paar Stühle und eine Holzkiste mit wenigen Requisiten: Aber damit ist natürlich ebenso eine Bahnreise möglich, wie eine Kutschfahrt und ein Ritt, während es rattert und zuckelt oder aus den Lautsprechern quietscht und pfeift. Und warum sollte es sich auf Holz nicht ebenso alptraumhaft gefährdet schlummern lassen, wie auf einem historischen Plüschsofa.

 

O-Ton 3, Einspieler, „Die Frau in Schwarz“, 27 Sekunden

 

Text

Als Frau in Schwarz hat Cornelie Hildebrandt immer wieder ein verschleiertes waches Auge auf das Publikum und natürlich ganz besonders auf den Testamentsvollstrecker, der die Warnungen der Marschlandbewohner nicht ernst nimmt. Sie alle wissen um den bösen Fluch, der auf Mrs. Drablows verlassener Villa zwischen Nebelbänken, Schlammlöchern und Flutwellen lastet. Bald nimmt das Unheil seinen Lauf in vielen gespenstischen Begegnungen, mit bösen Ahnungen und tragischen Entdeckungen, die sich oft auch musikalisch mit geheimnisvoll düsteren Sounds ankündigen.

 

O-Ton 4, Einspieler, „Die Frau in Schwarz“, Sekunden

 

Text

In zeitgenössischen Fantasy-Erzählungen mag es fantastischer, aufregender und abenteuerlicher zugehen als in einer Geschichte mit historischen Figuren, klassischen Spukgestalten und finsteren Flüchen. Umso mehr fasziniert dieser Abend als Theaterfantasie für zwei Schauspieler, die mit ihren Figuren aus ihrem kreativen Fundus schöpfen. Sie erzählen eben auch, wie der vermeintlich unsichere Chronist in der Gestaltung der Nebenfiguren aufblüht und sein scheinbar so versierter Mitspieler sich so in die Figur des Erzählers vertieft, als sei sie real und nicht bloß eine literarische Fantasie. So kann sich das Publikum mit einem erleichterten Arthur Kipps in das Finale seiner Geschichte und diese Theaterfantasie mit mythischen Zutaten hinein schwärmen.