Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Jeanine Rudat
Datum:
Dauer: 03:34 Minuten bisher gehört: 249
Am 1. April haben wir Geburtstag gefeiert. Das StadtRadio Göttingen wurde 25 Jahre alt. Am selben Tag ging auch die Südwestdeutsche Rundfunkdienst AG zum ersten Mal auf Sendung, allerdings bereits im Jahr 1924. Und fast wäre der Sender nur ein paar Kilometer weiter weg beheimatet gewesen, denn der damalige Kasseler Oberbürgermeister und vorherige Reichskanzlers Philipp Scheidemann, wollte ihn in seine hessische Geburtsstadt holen. Später wurde die SÜWRAG zum Hessischen Rundfunk. Um die spannenden Anfänge des Radios dreht sich der Auftakt der neuen Historien-Saga von Eva Wagendorfer. In „Die Radioschwestern – Klänge einer neuen Zeit“ erzählt sie die Geschichte von drei Freundinnen, die beim Hörfunk in Frankfurt Karriere machen wollen. Mehr darüber erfahren Sie jetzt von Jeanine Rudat.

Eva Wagendorfer - Die Radioschwestern (Bild: Penguin Verlag)

Manuskript

Text

Schon vor dem ersten Weltkrieg ging im US-Bundestaat Kalifornien der erste Nachrichtensender n air. Entwickelt von einem Physiker und seinen Studenten wurde er später unter dem Namen CBS zu einem der größten Hörfunk- und Fernseh-Networks der USA. In Deutschland ging mit der „Funk-Stunde“ am 29. Oktober 1923 der erste offizielle deutsche Radiosender in den Regelbetrieb. Bereits drei Jahre zuvor hatten Techniker der Reichspost ein Weihnachtskonzert live übertragen. Nach Berlin wollte auch Frankfurt das neue Medium etablieren und nahm am 1. April 1924 aus dem Dachgeschoss des Postscheckamtes in der Frankfurter Innenstadt seinen Sendebetrieb auf. Am 24. Oktober sendete man das erste Rundfunkhörspiel – natürlich live, Aufzeichnungen gab es damals noch nicht – und am 28. Juni 1925 begründete der gerade 22-jährige Journalist Paul Laven mit seiner packenden Beschreibung einer Ruderregatta auf dem Main die Sportreportage im Radio. Eva Wagendorfer setzt mit dem Auftakt ihrer Reihe „Die Radioschwestern – Klänge einer neuen Zeit“ ein halbes Jahr später ein. Es ist Januar im Jahr 1926 und während Getrud Ederle als erste Frau den Ärmelkanal durchschwimmt – eine von vielen Radionachrichten, die Wagendorfer den Kapiteln voranstellt – kommt die junge Gesa aus Bielefeld in Frankfurt an. Nachdem sie gesehen hat, wie das Radio in Frankfurt immer mehr an Bedeutung gewann, war ihr schnell klar: Das ist ihre Welt, da will sie hin und dort will sie als Sprecherin Karriere machen. Sie findet in Inge, der Sekretärin des neuen, jungen und attraktiven Intendanten Albert, nicht nur eine gute Freundin, sondern kann auch bei ihr und ihrem Bruder zur Untermiete wohnen. Während Gesa sich schnell als Hörspielsprecherin etabliert und auch Albert für sich begeistern kann, versucht Inge schon lange sich als Sängerin einen Namen zu machen. Doch der Erfolg führt damals oft über die Besetzungscouch der entscheidenden Männer. Einem Flirt nie abgeneigt, versucht Inge dennoch lieber durch Talent zu überzeugen. Kurze Zeit später vervollständigt Margot das Radio-Trio. Die schüchterne und geheimnisumwitterte junge Frau möchte endlich als Cellistin von ihren männlichen Kollegen im Rundfunkorchester anerkannt werden. Obwohl eine kreative Aufbruchsstimmung in der Luft liegt, müssen die Freundinnen gegen alte Konventionen ankämpfen. Doch zu dritt blicken sie voller Tatendrang in die Zukunft, um ihren gemeinsamen Traum wahr werden zu lassen: Endlich frei, unabhängig und glücklich zu sein!

Eva Wagendorfer hat mit Band eins ihrer Radio-Saga einen spannenden Roman über die Geburtsstunde des Rundfunks in Frankfurt geschaffen und über drei starke Frauen und ihren mutigen Weg in eine neue Zukunft. Sie hat sich teils historische Vorbilder für ihre Charaktere geschaffen, wie den Sportreporter Paul Laven, aber auch neue, spannende Protagonist*innen erdacht. Alle Frauen sind unterschiedlich und dennoch gleich faszinierend. Alle versuchen ihren Weg in der Männerdomäne zu gehen und über allem liegt die flirrende Zeit zwischen zwei Weltkriegen. Ihr Schreibstil ist locker und rutscht nie in eine Aneinanderreihung von historischen Fakten ab. Neben der journalistischen Praxis damals, erhält man auch einen intensiven Einblick in die damalige Übertragungstechnik. So beschreibt sie den großen Wunsch des Intendanten, Hörspiele und andere Beiträge aufzuzeichnen, um sie ohne Fehler oder als Wiederholung noch einmal senden zu können, was dem Sender auch viel Geld sparen würde. Eine tolle Zeitreise für alle Radioliebhaber*innen und Historienfans.