Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Roman Kupisch
Datum:
Dauer: 05:43 Minuten bisher gehört: 732
Blues-Rock, Grillfleisch, Schotterparkplatz. Mit diesen Attributen ist ungefähr der Charme zusammengefasst, den das Grill- und Fischrestaurant Dat Moin im Bovender Industriegebiet an der alten B3 ausmacht. Die Gerichte sind, soweit möglich, regional, die Atmosphäre rustikal und die Musik live. Die Konzerte mit lokalen und internationalen Musikern hat der Restaurantbetreiber Günther Hartmann für Sonntagnachmittags im Programm. Aber einige Bovender haben ihre eigenen Vorstellungen von einem gelungenen Sonntagnachmittag. So auch am 10. Juli, als Roman Kupisch für das Stadtradio die Veranstaltung besucht hatte.

Manuskript

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Die Göttinger Bluesrockszene ist im Schnitt etwas älter, pflegt einen gediegen alternativen Kleidungsstil und der ein oder andere verfügt auch über ein E-Bike. Nicht weil man es sich leisten kann, das hat vor allem praktische Gründe. Viele, der für die Szene wichtigen Konzerte, finden nämlich überall verteilt im Landkreis statt. Doch auf der Fahrradstrecke von Göttingen zum Konzert an der alten B3 in Bovenden sind erstaunlich viele Personen zu sehen, auf die all diese Beschreibungen zutreffen, die aber von Bovenden nach Göttingen fahren. Konzertabsage wegen schlechten Wetters wäre möglich, aber die Gründe sind andere. Günther Hartmann, der Betreiber des Dat Moin, bekam Besuch von der Polizei.

 

O-Ton 1 Günther Hartmann

Ja, es gibt hier mindestens einen Anwohner, dem gefällt das nicht und der hat dann die Behörde angestrengt vorbeizukommen und das abzustellen und das mussten wir demnach machen. Nach dem dritten Lied war leider vorbei. Eigentlich sollte schon nach dem zweiten sein, aber die haben noch ein bisschen gebraucht meine Daten aufzunehmen und ich habe gesagt, wir müssen den Song noch abwarten, also war’s dann das dritte Lied und da musste dann eben halt leider das Konzert von Midnight Flash eingestellt werden.

 

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Im Bovender Industriegebiet gibt es eigentlich gar keine direkten Nachbarn, die sich beschweren könnten. Einen gibt es, aber der hat sich nicht beschwert. An Konzerttagen hilft er gerne unentgeltlich beim Aufbau. Für das Interview hat er seine Terrasse zur Verfügung gestellt. Die Musik, die im Hintergrund zu hören ist, ist aber nicht das Konzert von Midnight Flash, die Musik kommt aus den Boxen. Die drei Musiker von Midnight Flash haben Zwangspause. Nicht die erste in den letzten Monaten berichtet Bandleader Jürgen Schulze

 

O-Ton 2 Andreas Brühler

Ja wir sind natürlich mega enttäuscht, gerade nach dieser langen Coronapause, da konnte man sowieso nichts machen, es gibt auch immer weniger Auftrittsmöglichkeiten und hier ist es wirklich besonders, also das ganze Ambiente, das Team vom Dat Moin und es ist einfach super schön hier zu spielen und ja wir sind wirklich enttäuscht und auch echt sauer, dass wie wir es hören nur einer Person nicht gefallen hat, dass er uns ein bisschen hört in der Ferne

 

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Der erzwungene Abbruch ist auch deswegen fatal weil das Dat Moin, Günther Hartmann zufolge, der größte Kulturanbieter in Bovenden ist. Ob das jeder so sieht ist fraglich. Tatsache ist, die Zuschauer kamen zahlreich an diesem Sonntag. Tatsache ist aber auch, wie Hartmann selber einräumt, der Bovender an sich kommt nur selten zu seinen Livekonzerten in die Fischbude. Die meisten Zuschauer kamen von außerhalb. Und viele blieben auch nach dem Abbruch noch für Frischbrötchen und Bier. Denn Hartmann ist nicht nur Kulturanbieter sondern hauptsächlich Gastronom. Konzert- und Restaurantbetrieb brauchen sich gegenseitig.

 

O-Ton 3 Hartmann

Natürlich braucht die Fischbude auch Konzertbühne, das generiert Umsätze damit die Leute im Winter bezahlt werden können, das ist natürlich, das gehört natürlich dazu. Ich hab hier Angestellte, die möchten gerne jeden Monat ihr Geld bekommen und das bekommen die auch, auch wenn ich dann mal leer ausgehe, aber Konzerte werden trotzdem in irgendeiner Form stattfinden natürlich immer … und Nacholkonzert von Midnight Flash – also die ersten drei Lieder brauchen sie ja nicht spielen, die haben wir schon gehört…

 

 

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Aber ob wir die restlichen Songs in Hartmanns Restaurant hören werden ist fraglich, denn nach derzeitigem Stand schwebt über jeder Veranstaltung das Damoklesschwert des Ordnungsamtes. Ein unzufriedener – weit entfernter – Nachbar und die Veranstaltung ist abgesagt. Hartmann wünscht sich daher einen sicheren rechtlichen Rahmen. Der scheint aber nicht in Sicht.

 

O-Ton 4 Hartmann

Nee das muss natürlich auch wirklich auf festen Füßen stehen und im Endeffekt ist es so, das geht mir dann auch ans Portemonaie, jedesmal ist ne Ordnungswidrigkeit und das will ich mir nicht antun, will ich niemanden antun, irgendne Band baut was auf und dann sagt man mach mal aus, nee das muss auf festen Füßen stehen und wenns dann, wenn Bovenden nicht will, dann will dat jemand anderes.

 

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Noch ist aber gar nicht klar, ob Bovenden das nicht will. Die größte Hürde scheint zu sein, dass keine Behörde sich für das Anmelden einer Veranstaltung verantwortlich fühlt. Ist eine Veranstaltung angemeldet, kann die Polizei nicht einfach die Musik abdrehen. Um die Anmeldungen hat Hartmann sich in der Vergangenheit vergeblich bemüht, wie er angibt. Die Gemeindeveraltung verwies gegenüber dem StadtRadio auf die niedersächsische „Freizeitlärmrichtlinie“. Derzufolge können Freiluftgaststätten an bis zu 18 Terminen im Jahr für sogenannte „seltene Ereignisse“ mehr Krach machen als üblicherweise erlaubt. Mehr Krach heißt: tagsüber 70 dB. Die Polizei kann die Veranstaltung dann erst nach einer Lärm-Emissionsmessung abbrechen. Die Polizei Bovenden verfügt aber nicht über entsprechendes Gerät. Dafür sei der Landkreis zuständig. Es scheint als sei sowohl das Anmelden, als auch das Abbrechen einer Veranstaltung mit einigen Hindernissen verbunden.