Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Nick Ghafourian
Datum:
Dauer: 03:15 Minuten bisher gehört: 156
Vielen Serienfans ist Saul Goodman bestimmt schon als zwielichtiger Anwalt in der Erfolgs-Serie „Breaking Bad“ bekannt. Dort vertritt er Gauner und Gangsterbosse und ist sich auch für Geldwäschetipps nicht zu schade. In der Spin-Off-Serie „Better Call Saul“ ist zu sehen, wie der Con-Artist Slippin‘ Jimmy zum kriminellen Anwalt Saul Goodman wurde. In dieser Woche ist die letzte Folge der Serie bei Netflix veröffentlicht worden. Aus diesem Anlass schauen wir zurück auf den Beginn der Serie. Nick Ghafourian hat die erste Staffel für Sie rezensiert.

Manuskript

Text

Es ist das Jahr 2002: James McGill, auch Jimmy genannt, arbeitet als Pflichtverteidiger. Er ist ambitioniert, trotzdem aber erfolglos. Jimmy möchte das ändern und nutzt deswegen kreative Methoden, um neue Klienten zu gewinnen. Dabei gerät er in brenzlige Situationen. Einmal endet er entführt in einer Wüste, schafft es aber irgendwie noch halbwegs unversehrt aus der Situation. Jimmy fällt jedoch zunehmend in alte Muster seiner kriminellen Vergangenheit, als er Schmiergeld von ehemaligen Klienten annimmt und einen - im wahrsten Sinn des Wortes - brandgefährlichen Mandaten vertritt, der kurze Zeit später im Gefängnis landet. Jimmy scheint einem heißen Fall auf der Spur zu sein, als sich der Verdacht erhärtet, dass ein Seniorenheim seinen Bewohnern deutlich zu viel Geld in Rechnung stellt. Er nutzt die Gunst der Stunde, um in der Anwaltskanzlei Hamlin, Hamlin und McGill einen Job zu erhalten. Doch Jimmy wird von seinem Bruder, dem Seniorpartner der Kanzlei, verraten und ausgenutzt, als dieser ihn nicht am Fall weiterarbeiten lassen will. Der Verrat setzt Jimmy tief zu. Ihm wird bewusst, dass trotz seiner Bemühungen als ehrlicher Anwalt der große Erfolg ausbleibt. Der Besuch eines alten Bekannten beschleunigt eine Entwicklung, die Jimmy immer mehr zum korrupten Anwalt Saul Goodman werden lässt.

 

Die dunkle und angespannte Atmosphäre, die im Heisenberg-Epos „Breaking Bad“ dargestellt wird, können die Zuschauer in der ersten Staffel von Better Call Saul nicht erwarten. Sie ist eher locker und entspannt, da zu Beginn ein besonderes Augenmerk auf das Story-Telling gelegt wird. Mörderische Auseinandersetzungen bleiben also zunächst aus. Stattdessen werden die Geschichten der Charaktere entfaltet und somit ein Grundstein für die nächsten Staffeln gelegt. Eine lineare Erzählung nach Schema F ist nicht der Fall, denn es gibt auch viele Zeitsprünge. Besonders bei der Hauptfigur Jimmy McGill (gespielt von Bob Odenkirk) wurde besonders darauf geachtet, ihm eine besondere charakterliche Tiefe zu verpassen, die in Breaking Bad noch nicht zu erkennen war. So ist in Rückblenden seine Zeit als Trickbetrüger Slippin‘Jimmy und als Postbote bei der Anwaltskanzlei Hamlin, Hamlin und McGill zu sehen und wie Jimmy durch ein Fernstudium zum Anwalt wird. Obwohl er im Laufe der Geschichte auch das ein oder andere Mal mit krimineller Energie ans Werk geht, ist es möglich, als Zuschauer Sympathie für Jimmy zu entwickeln, weil seine Aktionen größtenteils nachvollziehbar sind. Auch sein Zynismus und Humor scheint in vielen Szenen der Staffel durch, was ihn noch sympathischer wirken lässt. Das liegt zum Teil bestimmt daran, dass der Schauspieler Bob Odenkirk unter anderem selber Komiker ist.

 

Eine Comedy-Serie ist Better Call Saul jedoch nicht, sondern ein Drama mit nur vereinzelten humoristischen Elementen. Bemerkenswert ist auch, wie gut Jimmys noch so gegensätzlichen Charakterzüge wie Angst und Mut sowie seine Arroganz und Unsicherheit in der Figur vereint werden. Auch die anderen Charaktere erhalten vor allem durch die gut geschriebenen Dialoge eine angemessene charakterliche Tiefe. Bemerkenswert sind auch die langen Kameraschnitte, die unsere Aufmerksamkeit auf Details lenkt, die wir sonst nicht beachtet hätten. Vielen Szenen wird dadurch auch ein interessanter Subtext hinzugefügt.