Halloween-Buchtipp – Sebastian Fitzeks Thriller „Die Einladung“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
---|---|
AutorIn: | Jeanine Rudat |
Datum: | |
Dauer: | 03:08 Minuten bisher gehört: 289 |
Manuskript
Text
Entweder man liebt oder man hasst ihn: Sebastian Fitzek. Die einen halten ihn für einen arroganten, nur aufs Marketing bedachten Typen, der einen Psychothriller nach dem anderen nach Schema F herausbringt und sich damit eine goldene Nase verdient. Seine Fans lieben ihn für seinen unverwechselbaren Schreibstil und die Zeit, die er sich bei Signierstunden und Lesungen für sie nimmt.
Nach einem Ausflug in ein anderes Genre, kehrt er mit seinem neusten Thriller „Die Einladung“ wieder zurück zu dem Bereich, in dem er regelmäßig alle Erfolgsrekorde bricht. Passend zur kälteren Jahreszeit schickt der Wahlberliner seine Hauptprotagonistin für ein verlängertes Wochenende in die winterlichen Alpen. Marla Lindberg hat eine Einladung zu einem Klassentreffen erhalten und freut sich schon, ihre ehemaligen Schulkamerad:innen wiederzusehen. Wobei das mit dem wiedersehen so eine Sache ist, denn Marla ist gesichtsblind. Sie gehört damit zu rund zwei Millionen Menschen in Deutschland, die andere Personen nicht genau erkennen können, d.h. Marla könnte nicht sagen, ob die Person, die ihr gegenübersteht eine alte Schulfreundin ist, oder eine Fremde.
Doch sie trifft erst gar nicht auf andere Menschen, denn als sie in dem abgeschiedenen Berghotel ankommt, ist sie allein. Es brennt zwar ein Feuer im Kamin, alle Zimmer scheinen bereits bezogen, benutztes Geschirr steht auf dem Esstisch, doch es ist niemand da. Während es draußen immer stärker anfängt zu schneien, beginnt Marla die anderen zu suchen. Und dann hört sie es wieder. Wie jemand pfeifend hustet, draußen, in der eisigen Dunkelheit.
Marla läuft ein Schauer über den Rücken, denn sie kennt dieses Geräusch. Vor Jahren lockte sie eine seltsame Nachricht in eine stillgelegte Geburtsklinik. Dort wurde sie überfallen und eine vermummte Gestalt versuchte sie zu töten. Das seltsam pfeifende Husten des Psychopathen beim Kampf auf Leben und Tod hat sie auch nach Jahren der Psychotherapie nicht vergessen. Die hochintelligente Frau, die als Cyber-Analystin beim LKA Berlin arbeitet und sich dabei mit den abscheulichsten Missbrauchsfällen befassen muss, zweifelt an ihrer Wahrnehmung. Kann der Täter von damals sie hierhergelockt haben, um sein Werk nun zu vollenden? Und was muss sie in ihrem jungen Leben noch alles ertragen? Hat sie doch als 14-Jährige schon den Selbstmord ihres Vaters verarbeiten müssen und die Kühle ihrer Mutter, als diese erfuhr, warum sich ihr Mann, ein erfolgreicher Makler, das Leben nahm. Er war von seiner Tochter so besessen, dass er, nachdem minderjährige Prostituierte seine Gedanken nicht mehr ablenken konnten, nur noch einen Ausweg sah ohne sich an seiner Tochter zu vergehen: Selbstmord.
Thrill meets Grusel – so könnte man die Atmosphäre des neusten Fitzek-Thrillers beschreiben. Mit einem Setting voller subtiler Horror-Elemente sorgt der 1971 geborene Autor für Gänsehaut. Einige Wendungen sorgen für Überraschungsmomente und der Showdown zum Ende des Buches steigert das Tempo und das Lesevergnügen noch einmal. Neben dem eigentlichen Plot gibt es aber auch eine Metaebene. Es geht um das Finden der eigenen Identität, Selbstdarstellung und wie sehr wir uns als Gesellschaft auf die Täter:innen stürzen und die Opfer dabei in Vergessenheit geraten. Ein wieder mal gut konzipierter Spannungsroman, bei dem nicht alle Twists überraschen, der aber dennoch, gerade zu Halloween, gut unterhält.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für private Zwecke benutzt werden. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Bearbeitung, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung der Autorin bzw. des Autors zulässig. Die Verwendung für Rundfunkzwecke bedarf der Genehmigung des StadtRadio Göttingen.