„Harold und Maude“ im Jungen Theater Göttingen
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Josie Stein |
Datum: | |
Dauer: | 02:42 Minuten bisher gehört: 93 |
Manuskript
Text
Ein Bühnenbild. Ausgeschmückt mit Kissen und Tischlampen, wirkt wie ein ganz normales Wohnzimmer. Na ja, nicht ganz. Denn ein Strick hängt von der Decke. Es ist 20 Uhr im Jungen Theater, das Licht im Saal wird gedimmt. Die Bühne erscheint leer, doch ich meine Schritte zu hören. Jens Tramsen, als Harold, betritt mit einem finsteren Gesichtsausdruck die Bühne. Sein Gang, eine einmalige Melange widerstreitender Impulse. Verklemmte Entschlossenheit trifft es wohl am besten. Sein Ziel der Strick. Aber alles nur Show. Nicht für das Publikum, sondern für seine Mutter, hinreißend matronenhaft dargestellt von Fabienne Elisabeth Baumann. Der Konflikt in Harold und Maude ist schnell erzählt. Jüngling aus besserem Haus, lebt seine nutzlosen Tage im ewigen Spannungsverhältnis aus Überkontrolle und Vernachlässigung durch seine alleinerziehende Mutter. Mittels inszenierter Selbstmorde will er sie aus ihrem geschäftigen Upper-Class-Alltag reißen und einmal echte Gefühle bei ihr erwecken. Was anfangs glückte, wird langsam fade Routine und da tritt Maude in Harolds Leben. Sie teilt sein Faible für Friedhöfe, ist ansonsten aber voller Lebensfreude und das auch noch mit ihren weit über 80 Jahren. Aus Freundschaft wird Liebe. Endlich mal ein richtiger und langanhaltender Schock für Harolds Mutter.
Der Regisseur Christian von Treskow hat in seiner Inszenierung einen ganz eigenen Zugang zu der Geschichte gewählt. Zu Beginn des Theaterstücks „Harold und Maude“ wird nämlich deutlich, dass die Bewegungen der Schauspieler*innen einen Einfluss auf die Darstellung der Figuren haben und auf ihre Wirkung auf das Publikum. Harolds Mutter beispielsweise betritt die Bühne immer wieder mit hektischen und schnellen Schritten, die parallel zu der Darstellung ihrer Persönlichkeit läuft. Ihre Bewegungen werden durch ihre hektischen Telefonaten mit Freundinnen oder ihren lauten und schnellen Gesprächen mit dem Psychologen Doktor Matthews unterstützt. Auch bei anderen Figuren des Stücks, beispielsweise bei Maude, die von Agnes Giese überzeugend gespielt wird, sticht durch schnelle und fröhliche Schritte heraus. Harold wird nicht nur von Maudes Einstellung und ihrer Sicht auf das Leben mitgerissen, sondern auch ganz einfach durch ihre ganz ungezwungene und ungekünstelte Art sich zu bewegen, ihm ist das von Haus aus fremd.
Nicht nur die ausdrucksstarken Bewegungen der Schauspieler*innen schlagen das Publikum in ihren Bann, sondern auch die schauspielerischer Leistung des gesamten Ensembles fesselt die Zuschauer*innen. Die Bestätigung dafür bekam das gesamte Team des Stück, sowohl die Schauspieler*innen, als auch der Regisseur und alle anderen Mitwirkenden, durch Standing Ovations und tosenden Applaus. Auch wenn das Stück die Geschichte von Harold und Maude sehr ausführlich erzählt, vergingen die drei Stunden wie im Flug.
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