Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Nikita Makarov
Datum:
Dauer: 03:25 Minuten bisher gehört: 156
Mit Online-Dating haben die meisten von Ihnen sicherlich schon die eine oder andere Erfahrung gemacht. Zum einen vereinfacht es für schüchterne Menschen das Kennenlernen anderer zum anderen ist es unkompliziert nur durch Swipen seinen möglichen Partner zu entdecken. Dass das aber nicht immer gut ausgeht, wissen Sie bestimmt auch. Aber stellen Sie sich vor, Sie finden Ihr perfektes Match und dieses stellt sich erst Wochen oder Monate später als Betrüger heraus! Genau das ist drei Frauen passiert, die ihre Erfahrungen in der Dokumentation „Der Tinder-Schwindler“ weitergeben. Mehr zu dieser Doku erfahren Sie von Nikita Makarov.

Manuskript

Text

Tinder ist die wahrscheinlich bekannteste Dating-Plattform im Internet. Doch wie alles im Internet, ist auch diese App mit Vorsicht zu genießen, wie die Netflix-Dokumentation „Der Tinder-Schwindler“ beweist. Sie erzählt die Geschichte von Simon Leviev. Er gibt auf der App vor, der Sohn von Lev Leviev zu sein, einem international bekannten Diamantenhändler. So zeichnet Simon von sich ein Bild aus purem Luxus. Er führt ein Jet-Set-Leben, ist an einem Tag in Wien, am nächsten dann in London und dann wiederum einen Tag später in Athen. Alles auf seinem Profil wirkt aber trotzdem authentisch, da er sein Leben in Glanz und Gloria mit Bildern und Videos bestätigen kann – zumindest oberflächlich. Dazu sieht Simon auch noch ziemlich gut aus. Ein Traum von einem Mann. Das dachten sich auch die drei Frauen Cecilie, Pernilla und Ayleen, aus deren Perspektive die Dokumentation erzählt wird. Alle drei waren mit Simon entweder befreundet oder führten sogar eine romantische Beziehung mit ihm. Alle drei haben den charmanten Milliardärs-Sohn über Tinder kennengelernt. Und alle drei waren überrascht, als sie erlebt haben, dass die Bilder und Videos wohl der Realität entsprechen. Teure Abendessen und sogar von ihm bezahlte Flüge standen bei den ersten Treffen auf dem Programm. Es zeigte sich kein Grund, dem sympathisch wirkenden Simon nicht zu vertrauen. Bis er anfängt, seine vermeintlichen Partnerinnen nach Geld zu fragen und zwar nach großen Summen im vierstelligen Bereich. Hier beginnt das Bild des perfekten Mannes zu bröckeln und seine betrügerische Masche kommt ans Tageslicht.

 

Die Dokumentation deckt eine furchteinflößende Betrugsserie auf und zeigt dem Publikum, wie heimtückisch und hinterhältig Betrug aussehen kann. Alle Betroffenen des Betrügers Leviev, was übrigens nicht sein echter Name ist, lassen sich vom Schein der Liebe und der gespielten Authentizität blenden. Diese Art des Enkeltricks ist viel subtiler als das Original. Leviev wird für die Betroffenen – von denen es übrigens auch deutlich mehr gibt als nur die drei aus der Dokumentation – nämlich tatsächlich zum Teil ihres Lebens. Er investiert eine große Menge an Energie, um diesen Schein aufrecht zu erhalten. Die Jet-Set-Reisen aus den Fotos entsprechen nämlich tatsächlich seinem Lebensstil, nur dass er das Geld, weder von seinem angeblichen Milliardärs-Vater bekommt, noch selber erarbeitet hat. Seine Reisen finanziert er aus den Überweisungen seiner Opfer.

 

Der Film lässt tief blicken in das Schicksal von drei Frauen, die in dieser Tinder-Bekanntschaft den Partner fürs Leben gesehen haben. Sie stellt dem Zuschauer vor allem die Frage, inwieweit Vertrauen in neue Bekanntschaften überhaupt gerechtfertigt ist oder ob ein gesundes Misstrauen nie verkehrt ist. Die altbekannte „rosa-rote Brille“, durch die nur die positiven Aspekte des neuen Partners zu sehen sind, wird hier auf die Probe gestellt und kritisch hinterfragt. Auch der Hass, dem die Opfer ausgeliefert sind, nachdem die Masche publik gemacht wurde, wird thematisiert. Aber dabei muss sich jeder für sich fragen: Wie weit würde ich selber für die Liebe gehen? Ist es wirklich so abwegig, dass ich jemandem so sehr vertrauen würde?
 

„Der Tinder-Schwindler“ ist eine herausragende Dokumentation, denn sie zeigt ein sehr realitätsnahes Szenario, in das jeder von uns geraten könnte. Gerade dadurch, wächst das Mitgefühl mit den Protagonistinnen. Und auch die Skrupellosigkeit von Simon Leviev kann den einen oder anderen sprachlos vor dem Bildschirm zurücklassen.