Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Max Scheid
Datum:
Dauer: 05:09 Minuten bisher gehört: 141
800 bis 1.000 flauschige Flugkünstler hängen im Dachstuhl des Duderstädter Rathaus. Mit dem Rathaus-eigenen Fledermaus-Beauftragten kommen Sie den Fledermäusen ganz nah. Max Scheid war in Duderstadt und berichtet von einer Führung.

Fledermäuse im Duderstädter Rathaus (Bild: Stefan Sobotta)

Fledermaus-Beauftragter Markus Merten führt über den Dachboden (Bild: Stefan Sobotta)

Manuskript

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Im Dachstuhl des wahrscheinlich ältesten Rathaus Deutschlands, leben die einzigen fliegenden Säugetiere der Welt – und haben da sogar ein eigenes Reservat. 800-1.000 Fledermäuse dieses auf dem Dachboden des Rathauses ihr Heim. Oben in den Giebeln hängen sie, Kopf an Kopf, zumindest an kühlen Tagen. Wenn es wärmer ist, gönnen Sie sich gegenseitig etwas mehr Platz, erklärt der Fledermaus-Beauftragter Markus Merten. Warum sich die Fledermäuse ausgerechnet einen Dachboden mitten in Duderstadt ausgesucht haben, ist schnell erklärt.

O-Ton 1, Markus Merten, 38 Sekunden:

Fledermäuse sind Traditionstiere, das heißt die kommen wahrscheinlich sogar seit Jahrhunderten hier ins Rathaus, das heißt wenn Sie irgendeine Stelle haben, wo Fledermäuse sind, die kommen immer wieder. Das Gleiche ist, wenn jemand Lust hat, möchte einen Fledermauskasten draußen in den Baum hängen, top super! Aber derjenige der den hinhängt muss damit rechnen, dass jahrelang keine Fledermaus kommt, oder er hat Glück innerhalb von 14 Tagen hängen da Fledermäuse aber wie gesagt, Fledermäuse sind Traditionstiere, was sie kennen, finden Sie in Ordnung, was nicht, vorsichtig, ist leider so.“

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Die Führung beginnt mit einem kleinen Vortrag in dem Merten erklärt, wie man Fledermaus-Piepen von dem von Mäusen unterscheiden kann, dass Fledermäuse je nach Art, 3.000 bis 4.000 Insekten pro Nacht fressen, und dass sie bis zu 20 Jahre alt werden können. Mir gegenüber sagt Markus Merten, was das Besondere ist an seiner Führung und was er mit seiner Arbeit gerne erreichen möchte.

O-Ton 2, Markus Merten, 53 Sekunden:

Grundsatz ist erst mal, den Menschen, Kindern als auch Erwachsenen, die Fledermäuse näher zu bringen. Das heißt die Vorurteile abzubauen. Auch bei Erwachsenen, die Erfahrung habe ich gemacht, dass da auch noch die Vorsicht ist, Fledermäuse machen sonst irgendwie was. Bei den Kindern, das ist mein Traum, mein Wunsch, dass die Kinder mit den Fledermäusen groß werden. Der Vorteil ist, dass die Fledermäuse keine Panik haben, wir haben zwar ein FFH-Gebiet, aber dadurch dass ich jedes mal wenn ich dort oben bin ein Geräusch mache, kennen die Tiere mich. Das heißt sie wissen, da kommt irgendetwas an, aber wir haben positive Erfahrungen damit und deshalb verhalten sich meine Fledermäuse komplett anders als in anderen Kolonien. Wir haben es heute auch gesehen , absolute ruhe, war Top, für alle die da waren.“

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Kinderfreundlich zeigt er lebhaft anhand einer Plüsch-Fledermaus, wie er junge Fledermäuse aufpäppelt, erklärt welche Geräusche sie machen, und wie man, wenn sich doch mal solch ein kleiner Besucher in die Wohnung verirrt, diesen wieder herausbekommt. Was sind die Feinde der Fledermäuse fragt Merten in die Runde? Nicht nur die Eltern erahnen, was die Antwort auf diese Frage sein wird, ein Kind sagt prompt: Der Mensch. Spritzmittel und Insektizide wie E 605, welches die Fledermäuse über die Nahrung aufnehmen und nicht zuletzt Katzen machen den Fledermäusen Probleme. Im Winter ziehen sich die Säuger zum Ausruhen in Ihre Winterquartiere zurück.

O-Ton 3, Markus Merten, 42 Sekunden:

Fledermäuse brauchen normalerweise, ich würde mal sagen so 40-50km zum Winterquartier, aber sie können Frost ab, so bis minus 2-3 Grad oder 4 Grad, aber dann müssen Sie schon in der Höhle sein. In der Höhle müssen konstant 8 Grad Celsius sein und eine bestimmte Luftfeuchtigkeit. Da aber meine Fledermäuse erst im letzten Moment, teilweise bis Heiligabend, erst weg fliegen, wenn die Temperaturen ganz schnell nach unten gehen, sagt mir, die Fledermäuse müssen bei uns hier irgendwo in der Umgebung sein. Und das ist das Ohmgebirge, Kalkstein, ist klar da gibt es Natur Höhlen und auch vom Mensch geschaffene Höhlen. Wenn die nur 3-4km fliegen müssen, ist für mich das beste Beispiel das die hier bei uns sind.“

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Abschließend kommt das Highlight der Führung, die Gruppe geht hoch auf den Dachboden und da kann man die Fledermäuse mit den eigenen Augen bestaunen. Noch vor wenigen Jahren seien es deutlich weniger Fledermäuse gewesen. Dass die Fledermaus-Population gestiegen ist, verdanken die Tiere ausgerechnet einem Umbau.

O-Ton 4, Markus Merten, 28 Sekunden:

Bevor der große Rathaus-Umbau war, vor gut 10-12 Jahren, war die ich würde mal sagen so um die 300-350 Population Fledermäuse. Nach dem Rathausumbau, man hat zwar den Fledermäusen bestimmte Bereiche des Quartiers weggenommen, aber dadurch dass alles verdunkelt ist, verdunkelt wurde, haben wir jetzt fast 700-1000 Fledermäuse, das heißt das ganze hat sehr sehr stark zugenommen, was besseres gibt es gar nicht.“

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Mit dem persönlichen Aufeinandertreffen zwischen Mensch und Fledermaus, endet die ca. 90 minütige Führung. Je nachdem wie groß die Gruppe und neugierig die Kinder sind, können Sie aber auch 2 Stunden einplanen. Die Stimmung war trotz eines leichten Zeitverzugs am Ende der Führung gut und alle waren zufrieden.

O-Ton 5, Meinungen, 24 Sekunden:

Es hat mir sehr gut gefallen, und ich würde bestimmt nochmal wiederkommen, wir Wohnen hier schon so lange und wir haben Besuch aus München und das war eigentlich der Anlass, das wir gesagt haben, das machen wir und Herr Merten hat das wunderbar gemacht.

Ich fand den Vortrag sehr gut, er war schön aufgearbeitet auch für Kinder, er war auch nicht zu vollgepackt mit Informationen. Es hat den Kindern Spaß gemacht, ich habe unglaublich viel gelernt und man merkt auch dabei, dass er es mit Herzblut macht und mit der Seele dran hängt, wirklich schön.“

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Ich persönlich kann mich dieser Meinung anschließen und die Führung gerade, aber nicht nur, für Kinder empfehlen. Herr Merten gibt sich entsprechend seinem Ziel, gerade den Kindern Fledermäuse näher zu bringen, viel Mühe und bringt zu seinem kleinen Vortrag eine Vielzahl von Anschauungsmaterial mit. Dadurch und durch seinen an Kinder angepassten Witz, der aber auch mich oft zum schmunzeln gebracht hat, schafft er es, denn Vortrag lebendig zu gestalten. Kinder können so in einer lockeren Stimmung spielerisch etwas Neues lernen. Anhand der regen Beteiligung der Kinder während der von mir besuchten Führung, scheint das Konzept sehr gut aufzugehen.