Gereimte Musikgeschichte im Clavier-Salon: Kritik zu „Wie wer? Vi Valdi“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Bernd Homeyer |
Datum: | |
Dauer: | 05:14 Minuten bisher gehört: 227 |
Manuskript
Text
Am Tag vor Silvester präsentierten Klaus Pawlowski und Gerrit Zitterbart ihre vierte musikalisch-satirische Suite im Clavier-Salon. „Komponisten mit ihren Marotten / es macht Spaß, sie mal flott zu verspotten“ – das war das Motto des unterhaltsamen Abends. Der Spott hätte zuweilen etwas bissiger sein können – es wurde aber viel gelacht über die kleinen Schwächen und kauzigen Vorlieben der sechs großen Namen in der Musik, die Pawlowski für diesen Abend ausgewählt hatte. Unvergleichlich die von ihm routiniert vorgetragenen Reime. Sie lassen alles etwas leichter und erträglicher erscheinen: die Missgeschicke im Leben, die menschlichen Fehler. Diese Leichtigkeit überträgt sich auf die Hörerinnen und Hörer, wohltuend in finsteren Zeiten.
Großes Vergnügen bereiteten auch die vielen Kabinettstücke, mit denen Gerrit Zitterbart sein Können bewies. Sehr klug hatte er neben Bekanntem auch ausgefallene Musikstücke ausgewählt, die man nur selten zu hören bekommt. Sie warfen so ein neues Licht auf die musikalischen Stars des Abends.
Klaus Pawlowski betrat mit einem possierlichen Stofftier die Bühne des Clavier-Salons. So hatte das Publikum den ersten Komponisten schnell erraten. Das Tier sah nämlich aus: „Wie wer? Vi Valdi“.
Vivaldi hatte feuerrote Haare und arbeitete vor seiner Karriere als Orchesterleiter und Komponist als Kaplan. Daher wurde er als „der rote Priester“ bezeichnet. Diese schöne Anekdote griff sich der Satiriker heraus, um vorzuführen, dass Vivaldi seine fantasievollen Frisuren „nach den vier Jahreszeiten“ wechselte. Pawlowskis Sohn hatte sehr gelungene Fotomontagen vorbereitet. Sie sorgten an dem gesamten Abend immer wieder für Lacher im Publikum. Gerrit Zitterbart zeigte, dass Vivaldi aus nur wenigen Tönen sehr komplexe und lebendige Musik zaubern konnte.
Das Duo des Abends blieb zunächst in Italien und führte nun Gioachino Rossini vor. Dieser konzentrierte sich im Alter unter anderem auf kurze, sehr originelle Klavierstücke, die er selbstironisch als „Alterssünden“ bezeichnete. Hierzu gab Gerrit Zitterbart Kostproben, die mindestens so köstlich sind wie die von Rossini kreierten Speisen. Die Vorliebe für gutes Essen bedichtete Pawlowski natürlich auch:
„Statt Allegros gab´s Tournedos, statt Soubretten… Kalbsbuletten, statt Fermaten… Rinderbraten…“ usw.
Vor der Pause ging es nun um eine Frau, die Komponistin Fanny Mendelssohn. Mit dem nun angestimmten „Lied ohne Worte in Ges-Dur“ entführte Zitterbart in eine musikalisch völlig andere Welt: gefühlvoll, zart und sehr romantisch. Die Stücke der Komponistin erkenne er sofort, so Zitterbart. Ein Blick auf die Noten genüge, denn dort finden sich viele Kreuze und „b“-s. Die Tonarten wechseln ständig.
Nach der Pause wurden noch drei weitere Komponisten vorgeführt, wieder völlig unterschiedliche in ihren Ausdrucksformen und in ihren Charakteren: Es ging um Wagner, Strawinsky und Duke Ellington. Zu letzterem bekannte Pawlowski: „Von den Sounds krieg ich nie genug“. Als Jazzfan ist ihm dieser Komponist und Band-Leader besonders nah. „It don't mean a thing, if it ain't got that swing“, spielte Zitterbart zum Abschluss. Nach langem Applaus erklang die vom Publikum ersehnte gemeinsame Zugabe: „C`est si bon“ -. Ja, ein gutes Gefühl gepaart mit ein wenig Euphorie war den beiden Musikenthusiasten auf der Bühne anzumerken. In guter Stimmung verließ auch das Publikum den kleinen Clavier-Salon. Auf ihn kann Göttingen wirklich stolz sein. So familiär, so persönlich angesprochen kann man Musik und Satire in unserer Stadt sonst nirgendwo genießen.
Die nächsten Auftritte mit „Vi Valdi“: 11.02. Marienmünster, 16.02. Tangobrücke Einbeck, 01. März Claviersalon Göttingen.
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