Premiere im Jungen Theater - Ein Stück namens „Harold und Maude“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
---|---|
AutorIn: | Josie Stein |
Datum: | |
Dauer: | 04:36 Minuten bisher gehört: 178 |
Manuskript
Text
Zwei Außenseiter der Gesellschaft, kommend aus zwei komplett unterschiedlichen Milieus, treffen aufeinander und verlieben sich. Das Stück „Harold und Maude“, wird am kommenden Freitag zum ersten Mal im Jungen Theater hier in Göttingen aufgeführt. Während der 19-jährige Harold aus einer wohlhabenden Familie, mit einer verwitwenden und über-fürsorglichen Mutter, aus einem Leben welches sich größtenteils auf Partys oder auf Golfplätzen abspielt, stammt, vertritt die 89-jährige Maude ganz andere Werte. Sie kommt eher aus einem Alternativ-Milieu. Neben inszenierten Selbstmordversuchen, um die Verkupplungsversuche seiner Mutter zu verhindern, hat Harold noch ein anderes Hobby. Der Regisseur des Stücks, Christian von Treskow, erzählt uns was seine Freizeitbeschäftigungen mit dem Kennenlernen der beiden zu tun hat:
O-Ton 1, Christian von Treskow, 18 Sekunden
"Ein weiteres Hobby ist auf Friedhöfe zu gehen und Beerdigungen zu besuchen. Und auf einer von diesen Beerdigungen trifft er also Maude, die auch nur zufällig auf dieser Beerdigung ist, wie er auch. Also sie kennen beide diese Person, die da beerdigt wird, gar nicht. Und ja, sie gefallen einander, sie kommen ins Gespräch und so entspinnt sich so eine Beziehung."
Text
Die Liebesgeschichte der beiden spielt innerhalb einer Woche, was schon fast an die Tragödie "Romeo und Julia" erinnert. Denn auch dort beträgt die Zeit der Handlung ungefähr einer Woche. Während Harold zu Beginn noch andere Werte vertrete, zeige Maude mit ihrer anarchistischen Art, ganz nach dem Motto „Ich nehme mir was ich will“, dem 19-Jährigen, worauf es im Leben wirklich ankomme, so die Dramaturgin des Stücks, Isabelle Küster. Christian von Treskow beschreibt dies wie folgt:
O-Ton 2, Christian von Treskow, 11 Sekunden
"Sie nimmt ihn also quasi mit ins Leben hinein. Sie ist eine lebensbejahende Frau, die diesen jungen Mann, der ja eigentlich dem Leben eher abgewandt ist, plötzlich das Leben eigentlich beibringt."
Text
Das Skript des Theaterstücks sei eine Art Kombination aus mehreren Arbeiten von Colin Higgins zu der Geschichte. Neben dem Film, der 1971 veröffentlicht wurde, hat Higgins ebenfalls eine Novelle und anschließend ein Theaterstück zu „Harold und Maude“ geschrieben, welches dann Ende der 80er am Broadway aufgeführt wurde. Als der Film erstmals erschien, ist dieser gefloppt und wurde als großes Tabu angesehen. So wurde über den Film beispielsweise gesagt, „Der Film ist so unterhaltsam, wie ein brennendes Waisenhaus.“, so Isabelle Küster. In den 80ern habe sich der Film, laut Christian von Treskow, zu einem Kultfilm entwickelt. Obwohl es zu Beginn viel Text zu bearbeiten gab, hatten die Dramaturgin und der Regisseur ein Ziel vor Augen:
O-Ton 3, Christian von Treskow, 11 Sekunden
"Unser Ziel war es jetzt also dieses well-made-play wieder zurück zu führen auf die Schlagkraft von diesem Film. Das ist so ein bisschen die Aufgabe gewesen. Wir haben da sehr viel Text rausgekürzt, wir haben da versucht, da möglichst wieder was schnelles draus zu machen."
Text
Das Junge Theater führt also ein Stück auf, zu dem vor über 50 Jahren ein Film veröffentlicht wurde. Es könnte also die Frage aufkommen, wie es zu dieser Idee bzw. der Entscheidung kam, dieses Stück auszuwählen und aufzuführen. Die Idee kam von der Schauspielerin Agnes Giese, welche im Stück die Rolle der Maude übernimmt. Gerade die Entstehungsgeschichte schien sehr charmant, so Isabelle Küster. Der junge Colin Higgins schrieb „Harold und Maude“ als Abschlussarbeit im Rahmen eines Drehbuchseminars. Auf die Idee kam er zum Teil durch ein Ehepaar, bei dem er während seines Studiums als Haushaltshilfe arbeitete. Der Frau zeigte er sein Skript und diese ermutigte ihn dazu. eine größere und vor allem längere Geschichte daraus zu machen. Wie der Regisseur Christian von Treskow zur Arbeit an dem Stück kam und was sein persönlicher Bezug ist, erklärt er wie folgt:
O-Ton 4, Christian von Treskow, 23 Sekunden
"Mich hat man einfach gefragt, ob ich da Lust drauf hätte und ich hab dann gleich gesagt: „Ja, natürlich.“ Also es war irgendwann mal auch fast mein Lieblingsfilm, eine Zeit lang. So wie man dann so drauf ist, wenn man so weiß ich nicht, 16 ist oder so, dann findet man solche Filme ja auch ganz toll. Auch damals, hab ich gar nicht so richtig das erkannt, was in dem Film wirklich drin steckt. In den 80ern war das irgendwie Selbstverständliche, das es da mal so eine Gegenkultur gegeben hat."
Text
Im Film „Harold und Maude“ gehe es eben auch um eine ganz bestimmte Generation, die viel miterlebt habe. In der filmischen Umsetzung würde vor allem der Protest gegen den Vietnamkrieg in den späten 60ern thematisiert werden. Auch würde klar werden, dass Maude sehr viel in ihrem Leben mitgemacht hat. Beispielsweise sehe man in einer Szene ein Tattoo auf ihrer Hand und es würde deswegen vermutet, dass Maude Insassin eines Konzentrationslagers gewesen war, so Regisseur Christian von Treskow. Laut ihm habe das Stück neben diesen Erkenntnissen auch eine Message:
O-Ton 5, Christian von Treskow, 31 Sekunden
"Die Message ist eigentlich, was im Stück einfach L-e-b-e heißt. Also: Lebe! Und zwar in jeglicher Hinsicht, also eine Aufforderung zu leben und das Leben so zu nehmen, wie es kommt und auch immer das Beste aus Situationen zu machen. Aber nicht nur das, sondern auch zu sagen: Ich lebe selbstbestimmt, wie ich das will und nicht, wie die Gesellschaft und mein Umfeld mir das vorschreibt. Der Film ist eine Hymne auf das selbstbestimmte Leben und das Theaterstück natürlich auch und ich hoffe unsere Inszenierung kann auch ein Stück davon transportieren."
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für private Zwecke benutzt werden. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Bearbeitung, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung der Autorin bzw. des Autors zulässig. Die Verwendung für Rundfunkzwecke bedarf der Genehmigung des StadtRadio Göttingen.