Tag der Berge: Reinhold Messners „Gebrauchsanweisung für Südtirol
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Jeanine Rudat |
Datum: | |
Dauer: | 04:14 Minuten bisher gehört: 351 |
Manuskript
Text
Er ist wohl der berühmteste Südtiroler und bekannteste Bergsteiger unserer Zeit: Reinhold Messner. Der 79-Jährige ist in Brixen geboren, ging als Fünfjähriger zum ersten Mal auf einen Dreitausender, und hat 1978 als erster Mensch ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff den Mount Everest erklommen, mit fast 9000 Metern Höhe, den höchsten Gipfel der Welt. Danach folgten die Gipfel aller 14 Achttausender und auch die Antarktis, Grönland und die Wüste Gobi durchquerte er. Ein bewegtes und aktives Leben, was ihn durch die ganze Welt führte. Doch sein Zuhause hat er nie vergessen und lebt nach wie vor dort. Er unterhält in Südtirol das Messner Mountain Museum und lebt nur im Zweitwohnsitz in München.
„Die Dolomiten sind nicht die höchsten Berge der Welt, auch nicht die gefährlichsten, aber bestimmt die schönsten“, sagt der passionierte Bergsteiger. In seinem Buch „Gebrauchsanweisung für Südtirol“ zeigt er seinen Leser:innen seine Heimat mit seiner einzigartigen Dichte an Burgen, Schlössern und Museen, mit 300 Sonnentagen im Jahr, italienischem Flair und österreichischer Gemütlichkeit, der kleinsten Stadt der Alpen, den tiefsten Weinkellern und dem höchsten Berg im deutschen Sprachraum. Er weiht seine Fans in die geologischen Schätze ein, geht dem Mythos um Andreas Hofer auf den Grund, der als Anführer der Tiroler Aufstandsbewegung von 1809 und Freiheitskämpfer gegen die bayerische und französische Besetzung seiner Heimat, bekannt wurde, und dem Rätsel des Similaunmanns, also der als Ötzi bekannten Mumie, der alpines Leben in der Kupferzeit entschlüsseln half. Er erzählt von der identitätsstiftenden Geschichte des Landes. Versucht zu beantworten, wie Tradition und Fortschritt, politische Autonomie und persönlicher Einsatz zusammengehen, wie Seilschaften hier funktionieren und die Globalisierung auch vor der Provinz nicht haltmacht. Warum Fensterln und Frömmigkeit eng zusammengehören. Und wie der Ausgleich zwischen Aktion und Kontemplation, zwischen Freizeitvergnügen und Verantwortung für die Natur gelingen kann. Er zeigt die Besonderheiten der Region nach: zwischen Italien und Österreich, Dolomiten und Ortler, Brenner und Salurn. Zwischen Spaghetti und Speckknödeln, Weinreben und Gletscherfirn, zauberhaften Altstädten und unbegrenzt erscheinenden Outdoor-Erlebnissen. Zwischen Ötzi und Wellness-Oasen, Fremdbestimmheit und Selbstbehauptung, ganzjährigem Tourismus und Nachhaltigkeitsdenken.
Reinhold Messner ist Südtiroler mit Leib und Seele, der vom Bauernbuben, aufgewachsen mit acht Geschwistern, zum weltbekannten Bergsteiger wurde. Seiner dreisprachigen Heimat ist er immer eng verbunden geblieben. Trotz seiner liebevollen Würdigung des Herzstücks der Alpen im Zentrum Europas, spart er auch nicht mit Kritik. Besonders gegenüber der Politik und der Zeitung, die seiner Ansicht nach mehr ihren eigenen Interessen dienen, als der Demokratie. Zu viel Vetternwirtschaft und Beeinflussung findet Messner. Doch er sieht positiv in die Zukunft, denn durch Internet und Social Media sei die Macht des Medienmonopols mittlerweile nicht mehr so stark, wie früher. In seinem Leben war es Messner aber nicht nur wichtig, die Berge zu besteigen, sondern auch die einzigartige Natur dort zu erhalten. Seit den 80er Jahren setzt er sich für den Umweltschutz ein und war von 1999 bis 2004 Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen Südtirols. Dieses politische Engagement kommt immer wieder zwischen den Zeilen durch, wenn er für ein europäisches Denken plädiert und gegen eine Abschottung als Region Südtirol.
„Gebrauchsanweisung für Südtirol“, 2006 erstmalig herausgegeben und nun noch einmal mit neuem Cover und neuen Passagen u.a. zu den Themen Tourismus, Nachhaltigkeit und politischer Autonomie, ist mehr als nur ein Reiseführer, es ist ein interessanter Bericht eines Einheimischen, der dennoch auch mit einer kritischen Außensicht auf seine Heimat schaut. Ergänzt werden seine Ausführungen durch eine übersichtliche Karte und 23 Federzeichnungen von Paul Flora, die den Kapiteln vorangestellt sind. Ein humorvolles und interessantes Südtirol-ABC erklärt von A bis Z die Eigenheiten der italienischen Region von Autonomie über Bürokratie und Quasi, als einer der meistgebrauchten Ausdrücke der Südtiroler:innen, bis zu Zukunftsfähig.
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