Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Morten Reimers
Datum:
Dauer: 03:32 Minuten bisher gehört: 520
Anders als der Name vermuten lässt, ist „The Umbrella Academy“ keine Ausbildungsstätte für Verkäufer von Regenschirmen und auch nicht der Ausbildungsbetrieb der aus Resident Evil bekannten Umbrella Corporation. Vielmehr handelt es sich bei „The Umbrella Academy“ um eine von einem bekannten Streamingdienst produzierte Serie. Morten Reimers hat sich die Serie für Sie ganz genau angeschaut.

Manuskript

Text

Die Geschichte von „The Umbrella Academy“ folgt sechs Superhelden, die als Kinder von einem exzentrischen, reichen Mann adoptiert und ausgebildet werden. Hierzu gründete er die Akademie, in der die Kinder ihre besonderen Talente trainieren können. Die Serie setzt an, als sich fünf der nun erwachsenen Kinder zur Beerdigung ihres Adoptivvaters im Jahr 2019 wiedertreffen. Als der seit Jahren verschollene sechste Bruder dazustößt und behauptet er wäre nach einer Zeitreise in der Zukunft stecken geblieben, wo er die Apokalypse beobachtet hat, benötigt es erst einige Überzeugungsversuche, bis alle ihm glauben. Sie versuchen ihrem Bruder, der auf Grund eines Zeitreisefehlers im Körper seines 13-jährigen Selbst steckt, dabei zu helfen, die Apokalypse zu verhindern. Aber ohne genau zu wissen, was genau die Apokalypse auslöst, versuchen die sechs Geschwister nicht nur, sie zu verhindern, sondern auch herauszufinden was sie verursacht hat. Dabei werden auch die Probleme deutlich, die die Geschwister mit sich selbst und untereinander haben. Als klar wird, dass sie das unausweichliche Ende nicht aufhalten können, fliehen sie in die Vergangenheit, wo sie durch ein Zeitreise-Paradox ebenfalls die Apokalypse aufhalten müssen.

Die sechs Adoptivgeschwister im Zentrum der Geschichte sind trotz ihrer übernatürlichen Kräfte sehr menschlich. Ihre Kräfte werden nicht dauerhaft als positiv dargestellt, in vielen Fällen werden die Protagonisten von ihren Kräften sogar eingeschränkt. Das passiert besonders häufig, wenn es um persönliche oder zwischenmenschliche Probleme geht. Das führt dazu, dass die Figuren in der Serie nicht wie Superman oder Batman größer als das Leben selbst wirken und somit die Identifikation mit ihnen sehr viel leichter fällt.

Auch die zum Teil sehr skurrilen Nebencharaktere schaffen es, nicht fehl am Platz zu wirken. Selbst ein sprechender Goldfisch, dessen Glas auf den Schultern eines menschlichen Körpers thront, der von ihm kontrolliert wird, fügt sich nahtlos in das Gesamtbild von „The Umbrella Academy“ ein.

Ab der zweiten Staffel wird das Thema „Zeitreisen“ mehr in den Mittelpunkt gestellt. Hier werden, wie in Zeitreisegeschichten mittlerweile üblich, zum Teil Verschwörungstheorien auf die Schippe genommen oder auch welthistorische Ereignisse in ein neues Licht gerückt. So ist die zweite Staffel, die Anfang der 60er Jahre spielt, sehr viel politischer als es die erste Staffel war. Sie zeigt den Kampf der Bürgerrechtsbewegung, die Ausgrenzung von queeren Menschen und das Ausmaß des sogenannten „Red-Scares, also die durch Propaganda erzeugte Angst vor Kommunisten, in den USA der 60er Jahre.

Bei allen progressiven Tendenzen, die es zu loben gilt, hat die Serie auch ein großes Manko: So wird die Bösewichtin, die versucht die Kontrolle über die Zeit an sich zu reißen, augenscheinlich als Jüdin dargestellt. Die Entscheidung, einen jiddisch sprechenden Charakter als bösen Chef einer Organisation präsentieren, die die Zeit manipulieren kann und somit Kontrolle über quasi alles hat, grenzt an Antisemitismus. Denn hier lassen sich Parallelen zu tatsächlich existierenden, antisemitischen Verschwörungstheorien erkennen, die völlig unkommentiert bleiben.

Im Allgemeinen ist „The Umbrella Academy“ eine gelungene Serienerfahrung. Die gezeigten Bilder erfüllen ihre Wirkung, die Dialoge sind weder langatmig, noch bleibt das Gefühl, dass ausschließlich One-Liner aneinander gehängt wurden und wer keine Probleme mit Zeitreisegeschichten hat, wird auch von der Serie nicht enttäuscht werden. Zwar hat auch sie ihre gelegentlichen dramaturgischen Tiefpunkte, doch trüben diese das übrige Erlebnis nicht.