Weltfahrradtag: „Gebrauchsanweisung fürs Fahrradfahren“ von Sebastian Herrmann
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Jeanine Rudat |
Datum: | |
Dauer: | 03:06 Minuten bisher gehört: 167 |
Manuskript
Text
Wer morgens um 2:30 Uhr aufsteht, zum stärkenden Frühstück Nudeln mit Tomatensauce isst, nur um 19 Stunden und 406 Kilometer von München bis an den Gardasee zu fahren und später wieder zurück ist entweder vollkommen verrückt oder ein Fahrradfan! Bei Sebastian Herrmann, 1974 geboren, stimmt zumindest letzteres. Der Wissenschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung und Autor zahlreicher Sachbücher hat schon immer gerne Sport getrieben. Neben dem Erklimmen von Gipfeln ist Fahrradfahren seine zweite große Leidenschaft.
Ob Fixie oder Retro-Drahtesel, Trekking- oder E-Bike – der Wahlmünchner kennt vom täglichen Arbeitsweg bis hin zu Amateurrennen, Alpenüberquerungen und Donauradwanderungen alle Facetten des Daseins im Sattel. Er weiß um die Sucht nach Kilometern und die grausige Furcht vor dem Hungerast.
In seinem humorvollen Ratgeber „Gebrauchsanweisung fürs Fahrradfahren“ erzählt er auch die Geschichte des Fahrrads, wie Napoleon und ein Vulkanausbruch für die wegweisende Erfindung sorgten. Denn durch die Verwüstungen, die die Kriege des Franzosen hinterlassen haben, stiegen die Getreidepreise. Dann brach 1815 auch noch in Indonesien ein Vulkan aus und die derartig große Menge Asche in der Atmosphäre sorgte zusätzlich für Ernteausfälle auf der ganzen Welt. Die Menschen konnten sich kaum noch Pferde für die Feldarbeit leisten. So dachte sich der adlige Forstbeamte Karl von Drais: Wir brauchen eine Maschine. „Ein Pferd, das kein Heu braucht“ lautete dann auch eine Fahrradwerbung in Frankreich zu der Zeit. Neben der spannenden Historie des Zweirads erzählt Herrmann auch von skurrilen Rekorden und Klapprad-Weltmeisterschaften, würdigt die Protagonist*innen des Profisports, 1869 fand übrigens eines der ersten Radrennen statt und schon da wurde mit unfairen Mitteln gesiegt, und widmet sich neben dem Pedalneid und der Begeisterung für alte Stahlrahmen den existenziellen Fragen eines jeden Zweiradfans: Kann man in eng anliegender Funktionskleidung seine Würde wahren? Muss man an roten Ampeln tatsächlich halten, wenn man so umweltfreundlich unterwegs ist? Und wie reagiert man, wenn Diebe einem die große Liebe ausspannen? Ein sehr interessantes Kapitel ist „Essen auf Rädern“. Darin berichtet der passionierte Rennradfahrer, was er sich während einer Tour zum Gardasee alles in einem Restaurant gegönnt hat und dass Tour-de-France-Profis satte 10.000 Kilokalorien pro Tag verbrauchen. Ein Mann mit 80 Kilogramm Körpergewicht hat einen Ruheumsatz von 2.000 Kilokalorien. Doch wie kriegen die Profiradler dies wieder rein? Herrmanns Antwort: Sie fressen und zwar so schnell, dass das Sättigungsgefühl gar nicht nach kommt. Brot, Pasta, Müsli, Bananen, Kuchen, Gels und Energieriegel. Aber trotzdem nehmen sie während der Tour ab. Wahnsinn!
Herrmann Buch ist eine spannende, verblüffende, polarisierende, wenn es um den Krieg Autos gegen Fahrräder geht, aber auch witzige Hymne an die anmutigste und berauschendste Art der Fortbewegung.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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