Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Nicklas Krämer
Datum:
Dauer: 03:40 Minuten bisher gehört: 400
Es regnet in die Wohnung. Die Heizung heizt nicht. Die Fenster sind nicht dicht. Das sind Zustände, die niemand gern Zuhause hat. Sie schreien nach Sanierung und Instandsetzung. In einigen Göttinger Studentenwohnheimen herrschen ähnliche Zustände. Daher hat sich das Studentenwerk auf die Fahnen geschrieben, den Sanierungsstau aufzuarbeiten. Das kostet. Und zwar vor allem die Studierenden. Warum gerade sie die Sanierungen bezahlen sollen und was sie selbst davon halten, erfahren Sie von Nicklas Krämer.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Das Backhaus

Manuskript

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Ein gravierendes Problem in Deutschland ist zweifelsohne ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Überall in Deutschland, besonders in Großstädten, steigen die Mieten kontinuierlich an. Für Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil ist der Wohnraum sogar die neue soziale Frage, die in Niedersachsen angegangen werden müsse. Besonders Geringverdiener leiden unter dem Druck auf dem Wohnungsmarkt. Vor allem Studierende sehen sich oft gezwungen, für ihren Wohnraum zu kämpfen. Besonders prominent ist da in Göttingen der Streit des selbstverwalteten Studentenwohnheims in der Roten Straße um Sanierung und Mieterhöhungen. Sanierungsbedürftig ist aber nicht nur das Studentenwohnheim in der Roten Straße. Auch die Wohnheime Robert-Koch-Straße 38 und Albrecht-Thaer-Weg I sollen saniert werden. Um weiteren Wohnraum für Studierende zu schaffen, plant das Studentenwerk der Georg-August-Universität den Bau eines weiteren Wohnheims. Das sei ein umfangreiches, aber notwendiges Maßnahmenpaket, sagt der Geschäftsführer des Studentenwerkes, Jörg Magull. Wenn es aber an die Finanzierung der geplanten Maßnahmen geht, stehe das Studentenwerk vor einem Problem.

 

O-Ton 1, Jörg Magull, 16 Sekunden
„An der Stelle ist es einfach so: Das Land Niedersachsen gibt für Sanierungen den Studentenwerken seit vielen, vielen Jahrzehnten gar kein Geld. Es ist auch politisch kein Wille zu erkennen, das zu ändern. Die Finanzhilfe wird nicht erhöht. Tja, was sollen wir tun? Wir müssen die Einnahmeseite erhöhen.“

 

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Und das passiert im ersten Schritt durch Kredite. Das Studentenwerk hat bereits Kredite im Wert von neun Millionen Euro aufgenommen. Durch das beschlossene Maßnahmenpaket plant das Studentenwerk, insgesamt Kredite in Höhe von 65 Millionen Euro aufzunehmen. Die Kreditaufnahme reicht allerdings nicht aus, um den Finanzbedarf zu decken. Daher erhöht das Studentenwerk auch die Mieten in den Wohnheimen um zehn Euro pro Platz und Monat, sowie die Studentenwerksbeiträge um insgesamt 40 Euro pro Semester, allerdings in mehreren einzelnen Schritten. Über diese finanzielle Last sind die Studierenden nicht gerade erfreut. Magull betont, dass er diese Unzufriedenheit auch gut nachvollziehen könne. Die Kritik der Studierenden richtet sich hier aber auch nicht an das Studentenwerk selbst, sondern an das Land Niedersachsen. Diese Haltung bestätigt auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Göttingen. Ein höherer Studentenwerksbeitrag führt zu einem höheren Semesterbeitrag. Dieser liegt aktuell bereits knapp über 350 Euro. Ein weiterer Anstieg kann sich schnell zu einer Frage sozialer Gerechtigkeit entwickeln, sagt Robert Rathke, Vorsitzender des AStA.

 

O-Ton 2, Robert Rathke, 25 Sekunden
„Man muss halt auch ein Studium schaffen, deswegen ist man ja eigentlich da. Vielleicht ist der ein oder andere reich betucht, kann sich das leisten, aber ich weiß, ich muss arbeiten gehen. Andere machen andere Jobs, arbeiten in Bars, arbeiten in Kneipen, versuchen irgendwie, das mit ihrem Studium übereinzubringen und machen sich halt damit auch kaputt und können sich nicht voll und ganz auf ihr Studium konzentrieren. Und wenn das durch solche Erhöhungen kommt, die vermeidbar wären, könnte man es auch anders lösen im Endeffekt.“

 

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Natürlich ist es sinnvoll für Studierende, bereits während des Studiums Arbeitserfahrungen zu sammeln. Doch wenn die Kosten eines Studiums steigen, müssen Studierende mehr Zeit in einen Nebenjob investieren. Diese Zeit fehlt wiederum im eigentlichen Studienaufwand, was einen Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit erschweren kann. Dem fügt Magull hinzu, dass das nicht der einzige Punkt sei, in dem politisches Handeln, beziehungsweise Nicht-Handeln, den politisch gesetzten Zielen widerspreche.

 

O-Ton 3, Jörg Magull, 28 Sekunden
„Es kann doch nicht sein, dass die Anzahl der internationalen Studierenden, politisch gewollt, derartig ansteigt, aber die Anzahl der Wohnheimplätze praktisch konstant bleibt. Da merkt man doch: Da passt irgendetwas nicht zusammen. Andere Bundesländer investieren in der Sache erheblich mehr. Und jedes Wohnheim, was ich baue, entlastet den normalen Wohnungsmarkt. Deswegen ist es vollkommen unverständlich, dass wir in dieser Frage nahezu allein gelassen werden.“