Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Leona Passgang
Datum:
Dauer: 04:01 Minuten bisher gehört: 176
Wer in den letzten Tagen in größeren Bankfilialen zum Geld abheben war, dem sind die neuen bunten Banner an den Schaltern vielleicht aufgefallen. Gemeinsam mit der Polizei Göttingen weisen Banken auf Betrugsanrufe hin und wollen so ihre Kunden vor falschen Polizisten, Enkeltricks und Gewinnspielbetrügern schützen. Seit Jahren organisiert die Polizei Vorträge zur Prävention, mit Erfolg. Die Tricks der Betrüger sind allen bekannt. Das Bewusstsein, dass man selbst auch auf die Betrüger reinfallen kann, fehlt allerdings oft. Leona Passgang mit den Einzelheiten.
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Manuskript

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Leicht haben Trickbetrüger es nicht mehr. Hinter ihren Aktionen stecken oftmals ein hohes Maß an Professionalität. Um erfolgreich Menschen um ihr Geld zu bringen, müssen Betrüger sich inzwischen viel einfallen lassen und Energie in ihr Vorhaben stecken. Trotzdem wollen Polizei und Banken Opfer von Trickbetrügern vor ungewollten Bankabhebungen schützen und die Betroffenen im letzten Moment sensibilisieren. Auf den neuen Rollups stehen genau die Aufforderungen, die Trickbetrüger oft nutzen, um ihre Opfer psychisch unter Druck zu setzen. Direkt neben den Schaltern und an den Schließfächern sind die Banner positioniert. Polizist Marko Otte arbeitet im Präventionsteam der Polizei Göttingen und kennt die Forderungen der Betrüger.

 

O-Ton 1, Marko Otte, 30 Sekunden

Also die Alarmglocken sollten auf jeden Fall läuten, wenn jemand fragt: Wie viel Geld haben Sie denn auf dem Konto? Wären Sie bereit unsere Ermittlungsarbeit zu unterstützen? Also die echte Polizei würde natürlich niemals verlangen, uns zu sagen, wie viel Geld haben Sie auf dem Konto, wie viel Geld lagern Sie zu Hause, haben Sie andere Wertgegenstände? Sie sollten stutzig werden, wenn Sie jemand unter Druck setzt, wenn Ihnen nicht die Möglichkeit gelassen wird, vielleicht nochmal mit einer Vertrauensperson darüber zu reden. Generell so ein bisschen resolut am Telefon sein, vorsichtig sein. Denn Vorsicht hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun.“

 

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Die Telefonnummern und Adressen ihrer Opfer fänden die Betrüger oftmals über Telefonbücher, so Otte. Besonders beliebt: Einträge mit alten Namen. Senioren seien in der Regel hilfsbereiter und sparsamer. Klassisch sind die sogenannten „Schock-Anrufe“. Die Betrüger geben sich als Polizisten aus, behaupten beispielsweise Bankkassierer gäben Falschgeld in Umlauf und um den Täter schnappen zu können, bräuchte die Polizei Hilfe. Die Opfer sollen bei ihrer Bank einen Betrag von ihrem Konto abheben und ihn dann der vermeintlichen Polizei zur Fingerabdruckabnahme überreichen. Filialleiter Christian Weber von der Sparkasse „Altes Rathaus am Markt“ konnte mit seinen Kollegen im vergangenen Jahr allein in seiner Filiale sechs Betrügereien verhindern. Das Geld wieder zu bekommen, sei nahezu unmöglich, erzählt Weber.

 

O-Ton 2, Christian Weber, 30 Sekunden

Das ist sehr schwer, also in der heutigen Zeit mit Digitalisierung gehen die Überweisungen sehr, sehr schnell. Es gibt eine Echtzeit-Überweisung, da ist innerhalb von ein paar Sekunden die Überweisung dann auch wirklich weg. Und die Täter sind auch recht schlau, die haben teilweise drei, vier Konten in Deutschland, auf die sie es dann zwischenüberweisen, dann ins Ausland, so schnell können Sie dann häufig nicht reagieren, also die Kunden merken dann häufig erst, dass sie darauf reingefallen sind, einen Tag später. Und da ist das Geld in der Regel weg. Wenn sie es bar abheben und übergeben, dann ist es in der Regel ganz weg. Aber wir können eben ganz viele Fälle verhindern. Eben mit der Göttinger Polizei, wir haben ja nebenan eine Polizeiwache und stehen im recht guten Kontakt mit den Kollegen.“

 

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Seine Mitarbeiter sind angehalten bei ungewöhnlichen Summen und Unregelmäßigkeiten nachzufragen. Das wird allerdings oft auch als unhöflich von den Kunden wahrgenommen. Die Bankkassierer spielen eine wichtige Rolle, denn sie sind die letzte Instanz zwischen Täter und Opfer. 2019 wurden bei der Polizei Göttingen rund 600 Versuche angezeigt, bei zwanzig Versuchen waren Wertgegenstände und Geld bereits weg. Der Schaden liegt insgesamt im Bereich von mehreren hunderttausend Euro. Die Polizei vermutet eine weitaus höhere Dunkelziffer, warum erklärt Marko Otte.

 

O-Ton 3, Marko Otte, 24 Sekunden

Wir gehen davon aus, dass einfach ganz, ganz viele Menschen Schamgefühl haben. Das heißt wenn sie Opfer geworden sind, reden sie darüber nicht, weil sie sich schämen, eine große Geldsumme an eine unbekannte Person übergeben zu haben. Und vielleicht haben sie auch noch im Hinterkopf, das andere Maßnahmen drohen könnten, dass eben ein Angehöriger sagt: Mensch ich glaube wir fahren mal zum Arzt und lassen mal überprüfen, ob du deine Geldgeschäfte noch selbst erledigen kannst.“

 

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Wem ein Telefonat mit einem Verwandten oder Polizisten komisch vorkommt, wer Fragen zu Vermögen und Familienmitgliedern gestellt bekommt, aufgefordert wird, Geld an einen Fremden zu übergeben oder ins Ausland zu überweisen, der solle sofort die 110 anrufen, erinnert Otte. Außerdem könne es hilfreich sein, seinen Vornamen im Telefonbuch auf den ersten Buchstaben abzukürzen oder seinen Eintrag komplett entfernen zu lassen.