Sendung: Aufgeweckt - Mehr am Morgen Redaktion
AutorIn: Kilian Schlichting
Datum:
Dauer: 05:07 Minuten bisher gehört: 237
Während sich der eine oder andere Politiker häufiger anhören muss, er sei eine „Schlaftablette“, steht bei Sportlern normalerweise Schnelligkeit im Vordergrund. Leider hat auch diese manchmal ihren Ursprung in Tabletten. Nicht umsonst ist die Dopingstudie der Humboldt-Universität derzeit in aller Munde. Viola von Cramon ist sportpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag und tritt als Direktkandidatin bei den kommenden Bundestagswahlen für den Wahlkreis Goslar-Northeim-Osterode an. Was sie zur Dopingstudie zu sagen hat und wo ihre politischen Schwerpunkte liegen, erfahren Sie jetzt von Kilian Schlichting.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Lünemann

Manuskript

O-Ton 1, Cramon, 11 sec.

„Ja, hallo, mein Name ist Viola von Cramon! Ich trete wie auch 2009 wieder für den Wahlkreis Goslar-Northeim-Osterode an, bin aber wohnhaft im Landkreis Göttingen.“

 

Text

Von Cramon wurde 1970 im westfälischen Werther geboren und ging in Bielefeld aufs Gymnasium. Nach dem Abitur begann sie ein Studium in Bonn, das sie 1997 als Diplom-Agraringenieurin abschloss. Von 1997 bis 2004 betrieb sie selbständige Projektarbeit in Mittel- und Osteuropa. Bereits als Studentin hatte sie mehrere Semester in England, Russland, Estland und der Ukraine verbracht. Diese Auslandsaufenthalte haben deutliche Spuren bei ihr hinterlassen:

 

O-Ton 2, Cramon, 40 sec.

„Das halbe Jahr in Russland 1993 hat mich ganz besonders geprägt. Weil das eine Zeit war, wo Russland im Aufbruch war, wo sich in Osteuropa ganz viel verändert hat. Wo ich auch den Eindruck hatte, dass man als Einzelne oder als eine in dem Fall junge Frau – unabhängige junge Frau! – auch Menschen bewegen kann, dass man Sachen anstoßen kann. Jetzt bin ich mittlerweile nach zwanzig Jahren ziemlich ernüchtert, also jedenfalls was die politische Entwicklung in Russland angeht! Aber so die Erfahrungen, die Begegnungen, die ich in Sibirien gemacht habe, als ich dort vier Wochen auf verschiedenen Kolchosen oder damals dann privatisierten Kolchosen gearbeitet habe, diese Erfahrungen haben mich schon mein Leben lang auch begleitet und haben mich auch geprägt!“

 

Text

Auf kommunaler Ebene war die heute 43-Jährige von 2001 bis 2006 für die Grünen im Samtgemeinderat Radolfshausen und baute dort den Grünen-Ortsverband mit auf. 2003 bis 2006 saß sie für die Grünen im Göttinger Kreistag. 2009 zog sie als Direktkandidatin für den Wahlkreis 52 in den Deutschen Bundestag ein. Hier ist sie seitdem Ordentliches Mitglied im Sportausschuss und im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Außerdem ist sie Stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Die sportpolitische Sprecherin der Grünen übt heftige Kritik an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, unter anderem wegen dessen Umgang mit der Dopingstudie:

 

O-Ton 3, Cramon, 31 sec.

„Da ich mir nicht vorstellen kann, dass die Bundesrepublik, was die Aktenlage angeht, so weit hinter der DDR zurück war oder der ehemaligen DDR zurück war, ist davon auszugehen, dass gewisse Akten dem Schredder zugegangen sind. Und das ist in der Tat ein Skandal! Wir müssen einfach die Verantwortung da auch zuweisen, wir müssen einfach Namen kennen und müssen einfach verstehen, wie der Prozess der offensichtlich staatlich geförderten Dopingpraxis in der alten Bundesrepublik oder dann im vereinigten Deutschland gelaufen ist.“

 

Text

Die Hobby-Seglerin wünscht sich vor allem, den Gesamtbericht zu sehen und nicht scheibchenweise über die Ergebnisse informiert zu werden. Darüber hinaus habe Friedrich bei seiner Aufklärungsreise in die USA bezüglich des Abhörskandals komplett versagt und sich von den Amerikanern „wie ein Stier durch die Manege ziehen lassen“. Die Bundesregierung ist laut von Cramon dazu verpflichtet, Transparenz herzustellen. Das Betreuungsgeld betrachtet die Mutter von vier Kindern als Verschwendung von Steuermitteln. Es sei besser, in den Ausbau von Krippen und Kindertagesstätten zu investieren. Von Cramon unterstützt außerdem die beiden steuerpolitischen Projekte der Grünen; die Vermögensabgabe, zu der Menschen mit einem Privatvermögen von mehr als einer Million Euro verpflichtet werden sollen, und die Erhöhung der Einkommenssteuer ab einem Einkommen von 80.000 Euro jährlich. Persönlich liegt ihr besonders die Flüchtlingshilfe am Herzen:

 

O-Ton 4, Cramon, 31 sec.

„Menschen, die zuwandern wollen, die wir aber nicht lassen oder die wir teilweise unter katastrophalen Bedingungen in Griechenland oder in Malta, im Süden Italiens da anlanden lassen, das macht mir schon sehr zu schaffen! Also ich war vor nicht allzu langer Zeit in einem dieser Internierungslager, wo die Griechen derzeit die Flüchtlinge, die entweder ohne Papiere oder die direkt an den Grenzen ankommen, internieren und das hat mit Humanität gar nichts zu tun. Das ist wirklich ein menschlicher Skandal!“

 

Text

Die Verantwortung dafür liege aber nicht allein bei der griechischen Regierung, sondern auch bei der Bundesregierung, die sich weigere, Flüchtlinge aufzunehmen, und die südeuropäischen Nachbarn allgemein im Stich lasse, so von Cramon. Ein dritter Schuldenschnitt ist in den Augen der grünen Sprecherin für europäische Außenpolitik unausweichlich.