Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Mira Lou Braun
Datum:
Dauer: 04:11 Minuten bisher gehört: 613
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Konsum groß geschrieben wird und jeder Einzelne schon einen riesigen Berg an Müll im Jahr verursacht. Dem Umwelt-Bundesamt zufolge liegt Deutschland an der traurigen, einsamen Spitze in Europa mit im Schnitt 220,5 Kilogramm Verpackungsabfall pro Kopf im Jahr 2016 – Tendenz steigend. Doch zunehmend regt sich Protest gegen die Wegwerfgesellschaft. Mira Lou Braun hat sich im Zuge unserer Sendereihe zu den Verbänden im Stadtjugendring mit der Zero Waste Gruppe der Jugend-Aktion Natur- und Umweltschutz (Janun) getroffen.

Die Zero Waste Gruppe Göttingen setzt sich für eine nachhaltige Lebensweise ein (Bild: Mira Lou Braun)

Manuskript

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Refuse, Reduce, Reuse, Repair, Recycle und Rott. So lauten die sechs Regeln der Zero Waste Lebensweise. In vielen Städten, unter anderem in Göttingen, tun sich Menschen zusammen und streben ein Leben ohne oder zumindest mit möglichst wenig Abfallproduktion an. Svenja Meyer hat die Zero Waste Gruppe, die an die Jugend-Aktion Natur- und Umweltschutz Göttingen (Janun) angeschlossen ist, mit gegründet:

 

O-Ton 1, Svenja Meyer, 32 Sekunden

Zero Waste kommt aus dem Englischen und bedeutet erst mal keinen Müll zu machen und eigentlich bedeutet es auch genau das. Das ist allerdings gar nicht realistisch, weil selbst wenn man in Unverpackt-Läden einkauft oder wenn man bei sich zu Hause keinen Müll produziert oder eben nur Sachen nach Hause bringt, die kompostierbar sind, leben wir in Deutschland in einer Gesellschaft, wo außerhalb von unserem eigenen kleinen Einflusskosmos so viel Müll entsteht. Das heißt Zero Waste an sich ist gar nicht möglich. Das heißt aber nicht, dass man trotzdem das, was man konsumiert nicht kontrollieren kann und bei sich zuhause nicht auch Einfluss darauf nehmen kann.“

 

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Zwar kann jeder bestimmen, zu welchem Produkt er greift und wie er es nach Hause transportiert, doch was zuvor mit dem Produkt geschehen ist entzieht sich zu großem Teil dem eigenen Einfluss. Wer also nicht gerade alles aus eigenen Samen im eigenen Garten anbaut, ist abhängig von den Produktionsketten der Wirtschaft, die auf Kapitalismus ausgerichtet ist. Jedoch beeinflusst das eigene Konsumverhalten natürlich die Nachfrage und somit auch, welche Produkte auf welche Weise produziert werden. Zero Waste bedeutet natürlich nicht, dass jeder sofort alles aus Plastik wegwerfen und durch nachhaltigere Produkte ersetzen sollte. Das, was bereits im eigenen Besitz ist, sollte natürlich auch möglichst lange benutzt werden. Sergej Lucenko erläutert seine Kritik an dem derzeitigen Konsum-Konsens:

 

O-Ton 2, Sergej Lucenko, 33 Sekunden

Konsum, wie wir ihn heute in einer etablierten Weise haben, ist nun mal sehr, sehr einfach. Man geht in den Laden und holt sich eine Plastiktüte, um dann Dinge, die eh schon verpackt sind, in diese Plastiktüte rein zu machen und das macht ja niemand aus Böswilligkeit oder ähnlichem, sondern einfach, weil es einfach ist. Das ist halt ein Makel vielleicht auch an unserer Struktur, der halt überall präsent ist. Doch genau da kann man auch im Privaten drauf eingehen, dass man auch bewusster konsumiert und dadurch auch auf einer anderen Ebene, auf der Produzentenebene zum Beispiel auch auf längere Sicht, Änderungen hervorruft.“

 

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Ein Leben „Zero Waste“ anzustreben, mag erst mal nach viel Aufwand klingen. Doch die Gruppe Zero Waste betont, dass niemand direkt in allen Bereichen perfekt sein müsse und schon kleine Veränderungen einen Unterschied machen. Denn es kann durchaus einiges an Zeit kosten, die eine Person zur Verfügung haben muss, um sich mit einer konsumkritischen Lebensweise vertraut zu machen und Gewohnheiten umzustellen. Linnéa Schomburg berichtet, wie sie die müllfreie Lebensweise in ihrem Alltag umgesetzt.

 

O-Ton 3, Linnéa Schomborg, 31 Sekunden

Ich habe am Anfang erst mal damit begonnen, Dinge, die ich bereits hatte, aufzubrauchen und keine neuen Plastikdinge nachzukaufen und mich so Stück für Stück eigentlich voran zu tasten durch die verschiedenen Bereiche. Also heute habe ich zum Beispiel Sachen mitgebracht, die im Glas verpackt sind, statt irgendwie in einer Tupperdose oder so. Dann bin ich auch bei Foodsharing, wo man ja prima irgendwie Lebensmittel retten kann. So habe ich mich einfach Stück für Stück durch die einzelnen Bereiche von Küche zu Bad und Schlafzimmer und so weiter immer weiter voran getastet.“

 

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Die Gruppe Zero Waste besteht aus vielen Studierenden, aber nicht ausschließlich. Denn nachhaltiges Konsumieren betrifft alle Menschen. Wer Interesse an der Gruppe und der Zero Waste Lebensweise hat, ist herzlich willkommen vorbeizuschauen. Die Gruppe trifft sich alle zwei Wochen, immer in den ungeraden Wochen, um 19 Uhr im Göttinger Umwelt- und Naturschutzzentrum. Sergej Lucenko berichtet, wie die Arbeit der Gruppe aussieht:

 

O-Ton 4, Sergej Lucenko, 31 Sekunden

Wir organisieren zum Beispiel Veranstaltungen wie Workshops. Wir planen eine größere Veranstaltung Ende September, am 28. ab 15 Uhr im Göttinger Umwelt und Naturschutzzentrum. Eingeladen haben wir Shia Su vom Blog Wasteland Rebel. Sie ist eine bekanntere Zero Waste Influencerin und wird einen Vortrag halten mit anschließendem Diskussionskreis. Aber genauso bilden wir uns auch selber, diskutieren über verschiedene Themen, die uns am Herzen liegen und versuchen aber auch sehr mit unseren Veranstaltungen Interessierte auf das Thema aufmerksam zu machen.“