Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Nico Mader
Datum:
Dauer: 02:45 Minuten bisher gehört: 225
Der 2. Mai ist in den deutschen Geschichtsbüchern ein schwarzer Tag. Vor 90 Jahren – also 1933 – hatten die Nazis unter Adolf Hitler sämtliche Gewerkschaften – außer ihrere eigenen – verboten. Ein weiterer Schritt um die Nazi-Diktatur aufbauen zu können. Damit so etwas in Deutschland nicht mehr geschieht, ist es auch heute noch wichtig an solche Geschehnisse zu erinnern. Um genau dies zu tun, sprach unser Reporter Nico Mader mit dem Historiker Dr. Joachim Bons.

Manuskript

Sprecher: Vor 90 Jahren stürmten die Braunhemden der nationalsozialistischen Sturmabteilung im ganzen Land Gewerkschaftshäuser - zum Beispiel auch das Göttinger Volksheim. Darüber spricht heute der Gewerkschafter Dr. Joachim Bons in einem Vortrag.

Bons: Zwei zentrale Aspekte. Das eine ist, was bedeutet es für die abhängig Beschäftigten ohne eigene Organistation zu leben, weil ja die deutsche Einheitsfront an die Stelle der Gewerkschaften trat. Die war ja keine Gewerkschaft und hatte keinerlei tarifpolitische Funktionen: Streiks waren verboten im Dritten Reich, Betriebsräte waren abgeschafft; an deren Stelle traten Vertrauensräte, deswegen waren abhängig Beschäftigte sozial wie politisch vollständig entmündigt. Das ist der eine Aspekt. Der zweite Aspekt ist eben der Terror; das eben Gewerkschaften - auch die Angehörigen der Linksparteien - im Dritten Reich, sofern sie sich nicht bekehren ließen, verfolgt wurden. Und es gibt eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen aus dem Gewerkschaftsbereich, die ermordert wurden, im KZ umkamen, beziehungsweise fast die gesamte Zeit des Dritten Reichs im KZ gesessen haben.

Sprecher: Vor der Gleichschaltung durch den Nationalsozialismus war das Göttinger Volkshaus im Maschmühlenweg ein kultureller und politischer Treffpunkt für die Gewerkschafter. Dort fanden beispielsweise Kegelturniere und Vereinstreffen statt. Auch die Mai-Demonstrationen starteten von dort. Eröffnet wurde das Volkshaus 1921 und wurde von den unterschiedlichen Göttinger Gewerkschaften getragen. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde es dann zunächst Ende April von der SA besetzt und ging am 02. Mai in den Besitz der Nationalsozialisten über.

Bons: Die Häuser, die Vermögen der Gewerkschaften wurden praktisch enteignet, würde ich das heute nennen und in das Eigentum der deutschen Arbeitsfront überführt. Das war die Nachfolge-Organisation der Gewerkschaften. Das war aber eben keine Gewerkschaft. Und die übernahm auch die Häuser, wie gesagt, der Wirt wurde entlassen und es hieß jetzt Haus der deutschen Arbeit. Und der Kollege Herbig, der war ein Mitglied des Sozialarbeiter-Verbandes oder  2. Vorsitzender, der agitierte an die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr in das Haus zu gehen und der wurde deswegen beispielsweise verhaftet - da gibt es eine Zeitungsnotiz zu.

Sprecher: Stattfindet der Vortrag in Kooperation mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund heute um 19 Uhr im Verfügungsgebäude der Universität Göttingen im Raum 1.103. Das Verfügungsgebäude liegt zwischen dem Juridicum und der Uni-Bibliothek SUB. Davor lädt die Gewerkschaft am ehemaligen Volksheim um 18 Uhr zum Gedenken ein.

 

Wichtig: Der Vortrag fand am Dienstag statt. Bitte beziehen Sie das Datum nicht auf den heutigen Tag.