Zwischen Pflegenotstand und Traumberuf. Caritas Duderstadt feiert Tag der Pflege
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Roman Kupisch |
Datum: | |
Dauer: | 05:11 Minuten bisher gehört: 339 |
Manuskript
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Der Ausdruck Pflegenotstand ist vielen bekannt aber nur wenigen wirklich ein Begriff. Dass kaum eine gesundheitspolitische Debatte ohne ihn auskommt, hat möglicherweise einen ganz banalen Grund: Denn Pflege setzt immer einen Notstand voraus. Jenseits dieser doch sehr naheliegenden Verbindung sind mit dem Wort „Pflegenotstand“ vor allem diverse Horrorszenarien verknüpft: Vernachlässigte Hilfsbedürftige, überarbeitete Pfleger, schlechte Bezahlung, wenig Anerkennung. Der Grund für all das: Es gibt viel zu wenig Pflegepersonal. Der Tag der Pflege stand darum ganz im Zeichen der Wertschätzung. Caritas-Vorstandssprecher Ralf Regenhardt sprach den versammelten Auszubildenden also zunächst einmal seinen Dank aus. Landrat Bernhard Reuter schloss sich dem an. Die Politik sieht er in der Verantwortung, für gleiche Löhne bei allen Einrichtungen zu sorgen.
O-Ton 1, Bernhard Reuter, 32 Sekunden
„Also ich bin kein Freund von Verstaatlichung, auch nicht von Kommunalisierung. Worauf es ankommt, ist faire Bedingungen. Ich anerkenne sehr, dass insbesondere die frei-gemeinnützigen Träger, wie auch die Caritas hier, Tariflöhne bezahlen. Und da kommt es darauf an, dass alle sich an diese gleichen Bedingungen halten, alle faire Löhne bezahlen. Dann ist es auch in Ordnung, dass kommunale Träger, frei gemeinnützige Träger und private Träger miteinander konkurrieren, denn natürlich führt Konkurrenz auch dazu, dass Leistungen optimiert werden.“
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Gleichwohl muss Reuter einräumen, dass die Angleichung der Tarife letztlich Sache der großen Politik ist. Im viel beklagten Fachkräftemangel sieht er hingegen auch eine Chance. Diese könne von ganz alleine zu einer Lohnangleichung führen. Denn die wenigen Bewerber können sich ihren Arbeitgeber aussuchen. Bei der Caritas sind die Verdienstmöglichkeiten schon während der Ausbildung vergleichsweise hoch. Wie hoch sie nach der Ausbildung sind, hängt unter anderem davon ab wie lange diese war. Einige Auszubildende waren beispielsweise schon jahrelang in der Pflege tätig – nun holen sie ihre Examen zur Fachkraft nach. Ob dabei Geld oder Wissen wichtiger sind – Rabea Burchard findet: Beides. Aufgrund ihrer langen Erfahrung sieht sie den Pflegealltag gelassen.
O-Ton 2, Burchard, 28 Sekunden,
„Man gewöhnt sich an alles, also wirklich an alles. Es gibt natürlich auch Patienten, die sind am Anfang erst Mal nicht so nett. Und die sehen auch noch nicht so ganz ein, warum überhaupt jemand kommen muss. Aber wenn man dann ein paar Mal da gewesen ist, dann sehen die: Oh ja, ergibt doch Sinn! Und irgendwie kommt man mit allen dann irgendwie klar auch. Aber ich empfehle trotzdem jedem, ein Praktikum vorher zu machen. Und wenn es nur ein paar Tage ist, generell um in diesen Beruf erst einmal reinzuschnuppern und zu sehen: Ist das was für mich, oder eher nicht?“
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Einer der über ein Praktikum zur Pflegeausbildung fand, ist Daniel Viebrans. Er kam er über ein Freiwilliges Soziales Jahr zur Caritas. Eigentlich wollte er auf Lehramt studieren. Denn keinesfalls hatte er bei seinem Praktikum einen Pflegeberuf im Blick. Doch er merkte schnell: Die Pflege liegt ihm. Das merkte auch seine Vorgesetzte. Mittlerweile befindet er sich im ersten Ausbildungsjahr. Außergewöhnlich an Viebrans ist aber gar nicht Mal sein Werdegang. Außergewöhnlich ist vor allem: Er ist ein Mann. Denn von den zwölf Auszubildenden, die beim Frühstück dabei waren, sind zehn Frauen. Dass Pflege als klassischer Frauenberuf gilt, spielte für ihn jedoch keine Rolle.
O-Ton 3, Daniel Viebrans, 35 Sekunden
„Ich weiß, dass andere Männer so denken könnten und da sage ich nur: Es ist trotzdem auch ein Beruf, wo man halt ein bisschen Kraft braucht. Also Muckis von nem Mann sind auch gefragt. Es gibt natürlich ein paar Patienten, die dann sage: Nicht unbedingt von einem Mann gewaschen werden, das gibt es, aber es kommt im Grunde darauf an, wie man sich gibt, denn die Ausstrahlung, die man hat, die gibt auch der Person die Sicherheit: Ja diese Person darf mich auch jetzt mal festhalten. Diese Person darf mich mal hochheben. Und dieses Soziale, dass man halt in der Lage ist, diese Ausstrahlung zu zeigen, das ist viel wichtiger.“
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Abschreckend am Pflegeberuf ist für viele Außenstehende wohl vor allem das Körperliche. Patienten waschen, Windeln wechseln, etc. Darüber war von den Auszubildenden aber wenig zu hören. Als belastend empfanden sie in erster Linie, wenn sie kein gutes Verhältnis zum Patienten aufbauen konnten.Umgekehrt gaben fast alle an: Der Dank der Patienten und das Gefühl helfen zu können, sei genauso bereichernd wie gute Bezahlung. Wirkliche Sorge machte den meisten vielmehr der Status der ambulanten Pflege. So auch Manuela Kunze. Sie leitet den Geschäftsbereich Altenpflege in Duderstadt.
O-Ton 4, Manuela Kunze, 26 Sekunden
„Ja man hört es ja in der Politik immer mehr, dass die ambulanten Pflegedienste sehr stark am Limit arbeiten, dass die Touren und vor allen Dingen die Fahrtwege von Patient zu Patient gerade im ländlichen Bereich nicht auskömmlich refinanziert sind. Da würde ich mir wünschen, dass da einfach noch einmal mehr drauf geachtet wird. Dass wir auch morgen noch Patienten in den hinterst gelegenen Dörfern anfahren können und die dort versorgen können.“
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Ausbildungsinteressierte in der Pflege sind hoch willkommen – auch bei der Caritas. Den dringenden Hinweis von Rabea Burchard kann auch Manuela Kunze nur wiederholen: Vor der Ausbildung unbedingt Praktikum machen.
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