Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Nikita Makarov
Datum:
Dauer: 05:45 Minuten bisher gehört: 410
Das Forum Wissen ist bald um ein Exponat reicher. Beziehungsweise, ein Exponat kehrt wieder nach Hause zurück. Es geht nämlich um den Pottwal. Er musste ins Exil nach Holtensen, da das damalige Zoologische Museum in Göttingen zum Forum Wissen umgebaut wurde. Nun kehrt der Dickschädel zurück. Immerhin ist er fünf Meter lang und 500 Kilogramm schwer, also völlig zu Recht ein Dickschädel. Die Rückkehr des Schädels nach Göttingen ging am Montag vonstatten. Unser Reporter Nikita Makarov war vor Ort und kann mehr berichten über die Rückkehr des Pottwals.

Carsten Wortmann (Links) hilft dabei, den Schädel auf dem Rollbrett zu positionieren (Bild: Nikita Makarov)

Christoph Degenhart (Links) und Carsten Wortmann (Rechts) sind dabei, den Schädel mithilfe eines Krans aus dem Transporter zu heben (Bild: Nikita Makarov)

Manuskript

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Zum Whale Watching nach Südafrika fahren wird in Zukunft für Göttingerinnen und Göttinger nicht notwendig sein. Zumindest das Skelett eines Pottwals wird bald auch schon im Forum Wissen zu sehen sein. Der Schädel des Wales ist bereits da. Am vergangenen Montag wurde dieser nämlich nach Hause gebracht. Nach Hause, weil er während der Umbaumaßnahmen vom ehemaligen Zoologischen Museum zum Forum Wissen in einer Außenstelle des Museums in Holtensen untergebracht war. Aber schon die Geschichte, wie das Skelett überhaupt erst nach Göttingen kam, birgt Kurioses. Einige Anekdoten dazu hat Dr. Christoph Bleidorn parat, wissenschaftlicher Leiter des Forum Wissen:

 

O-Ton 1, Christoph Bleidorn, 37 Sekunden

Der ist tatsächlich aus einem Grund hier, dass mein Vorgänger – das ist der Herr Rainer Willmann, er war vorher hier Professor an der Universität in Göttingen – mitbekommen hat, dass drei Pottwale vor Sankt Peter-Ording gestrandet sind. Das war Ende ‘98 und er hatte dann die Chance gesehen, dass man einen dieser Wale sozusagen nach Göttingen bringt. Er wurde dann in einer Nacht- und Nebel-Aktion dort entfleischt vor Ort. Dann wurde der Rest des Kadavers nach Göttingen gebracht mit einem riesigen Sattelzug. Das hat noch einen Stau im Elbtunnel verursacht. Er wurde hier dann aufbereitet, das Skelett fertig gemacht. In der damaligen Ausstellung musste auch ein Loch in die Museumsmauern gebrochen werden, um den Schädel hereinzubringen und dann den Wal dort aufzubauen. Seitdem ist er hier.“

 

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Knapp 25 Jahre nach der „Nacht- und Nebel-Aktion“ folgt jetzt also das Comeback des Pottwals nach Göttingen. Im Zoologischen Museum stand das Skelett auf dem Boden. Nun soll es aber in vier Metern Höhe unter der Decke des Atriums im Forum Wissen hängen. Das ist eine ganz schöne Mammutaufgabe, schließlich ist das Skelett 16 Meter lang und 1,5 Tonnen schwer. Alleine der Schädel ist fünf Meter lang und wiegt bereits 500 Kilogramm. Bleidorn führt aus, wie der Wal am Ende aufgehangen werden soll:

 

O-Ton 2, Christoph Bleidorn, 16 Sekunden

Also, er wird aufgehangen an einer Stahlkonstruktion. Diese Stahlkonstruktion wird extra für dieses Skelett angefertigt. Hängen wird später nur der Stahl. Also, die Knochen werden dann gar nicht das Gewicht tragen, sondern sie hängen in einem Gerüst und sie hängen hier unter der Decke. Das wird zusammen mit einer Firma aus Österreich, der Firma „Adaptiv“, gemacht “

 

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Christoph Degenhart, Ausstellungstechniker am Forum Wissen, präzisiert:

 

O-Ton 3, Christoph Degenhart, 14 Sekunden

Metallbauer haben jetzt sozusagen Schablonen gebaut. Wir haben die Rippenknochen nach gebogen, die werden quasi umgelegt und mit Laschen [befestigt]. Und das Ganze wird mit Edelstahl verschweißt und als Eins unter die Decke gehoben.“

 

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Das gesamte Projekt, um den Wal wieder zurück in seine Göttinger Heimat zu bringen, ist auch mit hohem Aufwand und hohen Kosten verbunden. Das Forum Wissen ist dabei auf Spenden angewiesen. Der Förderkreis Forum Wissen hat bereits Einiges an Geldern für den Wal bereit gestellt, allerdings werden immer noch rund 20.000 Euro benötigt. Das Forum Wissen richtet daher einen Malwettbewerb aus. Die eingereichten Bilder sollen versteigert werden und der Erlös dem Walskelett zu Gute kommen. Über die Spenden und den Wettbewerb führt Maria Teresa Aguado Molina aus, Kuratorin des zukünftigen Biodiversitätsmuseums:

 

O-Ton 4, Maria Teresa Aguado Molina, 43 Sekunden (Paraphrasiert aus dem Englischen)

Als Erstes sind wir unseren Spendern sehr dankbar. Wir haben schon das meiste Geld und das liegt an unseren Spendern, dem Förderkreis des Forum Wissen. Aber wir brauchen immer noch ein bisschen mehr. Dafür haben wir einige Aktionen geplant und bei einer davon geht es darum, Menschen miteinzubeziehen, nicht um weitere Spenden zu bekommen. Wir haben uns gedacht, ein Malwettbewerb könnte eine gute Idee sein. Teilnehmen darf jeder, der möchte, egal ob Kinder oder Erwachsene und es wird auch ein paar Preise geben, an dem Tag, an dem der Walraum öffnet. Die Deadline für den Wettbewerb ist Ende Februar, also haben wir noch ein bisschen Zeit. Es sind aber schon einige sehr schöne Bilder von Kindern eingegangen, also denke ich, dass es bisher gut läuft. ”

 

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Das große Schwitzen und Bangen war am Montag dann auch vorbei, als der Schädel des Pottwals endlich in das Atrium gerollt werden konnte. Dafür musste er aus dem Transporter auf die Terrasse gehoben werden, wo bereits ein Rollbrett bereit stand. Von dort aus wurde der Schädel dann durch die geöffnete Fassade in das Forum Wissen gerollt. Carsten Wortmann, Präparator des Walskeletts, ist dabei mit dem Wal bestens vertraut. Schon damals, vor knapp 20 Jahren, hatte er das Skelett präpariert. Wortmann stellt die Unterschiede von damals und heute heraus und zeigt sich erfreut, dass der Schädel wieder zu Hause ist:

 

O-Ton 5, Carsten Wortmann, 38 Sekunden

Eine gewisse Erleichterung, dass alles gut gelaufen ist. Obwohl ich das so erwartet habe, dass alles gut geht. Wir haben uns das ja genau überlegt, was wir da tun, und es ist auch genauso gekommen, wie wir uns das vorher überlegt haben. Das ist jetzt was komplett anderes. Wir haben ihn vor 20 Jahren so gebaut, dass man ihn auf den Boden stellt, er stand ja. Und jetzt wird er komplett anders montiert, zum Hängen. Das ist von der Anatomie natürlich kein Unterschied, aber von der Statik . Wir müssen da ja ganz andere Dinge bedenken, sodass das eigentlich keine Wiederholung der Arbeit ist, sondern eine völlig neue, nur dass die Knochen alle schon bekannt sind. Das ist herausfordernder, wobei ich sagen muss, dass ich jetzt die kommenden Arbeiten ja nicht alleine ausführe, sondern da begleiten mich ja Fachleute. Oder ich begleite die Fachleute, so ist das besser.

 

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Der Rest des Wales soll dann am Mittwoch geliefert werden. Dann beginnt die heiße Phase, in der es darum geht, die 123 Knochen des Wales richtig zusammenzusetzen und am Ende aufzuhängen. Interessierte Göttingerinnen und Göttinger können jederzeit den Prozess um den Pottwal beobachten, durch die gläserne Fassade der Hinterseite des Forum Wissen lassen sich alle Arbeitsschritte nachvollziehen. Die große Einweihung des Pottwalskeletts als Ausstellungsstück des Forum Wissen soll dann am 19. März erfolgen. Ab da ist dann auch in Göttingen wieder Whale Watching möglich.