Forderung nach Veränderung der Befristungspolitik an der Uni Göttingen – Petitionsübergabe der Initiative „Göttingen unbefristet“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Josie Stein |
Datum: | |
Dauer: | 04:04 Minuten bisher gehört: 299 |
Manuskript
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Seit einigen Jahren stellen befristete Verträge an Universitäten ein Problem für viele Beschäftigte dar. Diese Regelung unterliegt dem sogenannten Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Dieses Gesetz soll dazu dienen, das Wissenschaftler*innen genug Zeit haben, eine bestimmte Qualifizierung, wie beispielsweise einen Doktortitel, zu erhalten. Damit auch nachrückende Wissenschaftler*innen die Chance auf diese Qualifizierungen haben, gibt es für Forschungseinrichtungen und Universitäten die Möglichkeit, befristete Verträge nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz abzuschließen. Wichtig hierbei ist, dass die Zeit der Befristung angemessen ist. Aber was ist eigentlich das Problem bei befristeten Verträgen? Der Sekretär der Gewerkschaft ver.di, Frank Ahrens, beschreibt es wie folgt:
O-Ton 1, Frank Ahrens, 18 Sekunden
„Also es gibt kurze Verträge, die dauern ein halbes Jahr bis zu einem Jahr. Und dann gibt es viele Beschäftigte, die haben sogenannte Kettenbefristungen. Das heißt, da reiht sich ein befristeter Arbeitsvertrag an den nächsten. Ein Teufelskreis. Da müssen wir auf jeden Fall raus.“
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Es geht also um Verträge, die nur von einer begrenzten Dauer sind. Um diese Umstände zu ändern, setzt sich die Initiative laut Frank Ahrens mittlerweile seit drei Jahren für die Umsetzung unbefristeter Verträge ein. Es wurde nicht nur die Petition übergeben, sondern auch die Forderungen seitens der befristet Beschäftigten in verschiedenen Reden thematisiert. Dabei gehe es laut Franziska, Mitglied der Initiative und selbst seit acht Jahren befristet angestellt, neben der Abschaffung von Kettenbefristungen auch darum, dass die Arbeitsstellen an den Unis generell auf den Prüfstand kommen.
O-Ton 2, Franziska, 16 Sekunden
„Wir fordern Dauerstellen, für Daueraufgaben, denn wir wünschen uns an der Uni so arbeiten zu können, wie die Uni es auch immer nach außen vorgibt: diversitätsfreundlich, nachhaltig, zukunftszugewandt und innovativ. Und das funktioniert halt nicht, wenn man Leute befristet, und sie damit ständig unter Druck setzt.“
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Nicht alle Arbeiten an der Uni, die von wissenschaftlichen Mitarbeitern mit Zeitverträgen geleistet werden, sind reine Forschungsarbeiten. Die Grenze zwischen einer Stelle zur Qualifizierung als Wissenschaftler und einer solchen, in der universitäre Routinearbeit geleistet wird, ist nicht immer trennscharf. 2021 waren 86 Prozent des wissenschaftlichen Personals an der Uni Göttingen befristet. Ein Problem dabei sei auch, dass durch die Befristungen Expertise verloren gehe. Denn durch die kurzfristigen Anstellungen könnte kaum Struktur aufgebaut werden und Kollegen würden dauernd wechseln. Das sieht auch Rafael Maria Waschkowski, Softwareentwickler an der SUB so. Er könnte durch einen unbefristeten Vertrag sowohl für ihn, als auch seine Familie, besser planen. Das geht nicht nur ihm so. Dass befristete Verträge die Lebensplanung erschweren, wirke sich wiederum auf seine Arbeitsstelle aus, denn:
O-Ton 3, Rafael-Maria, 20 Sekunden
„Auf der beruflichen Seite ist es einfach absolut fatal, weil uns einfach die Leute wegrennen. Damit ist jedes Mal ein riesiger Wissens- und Fähigkeitenverlust verbunden. Selbst wenn man sehr sehr fähige Leute hat, dann brauchen die trotzdem noch mindestens ein halbes, dreiviertel Jahr, bis sie eingearbeitet sind, wenn sie wirklich gut sind.“
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Die befristeten Verträge betreffen, laut Heidi, Mitglied der Studentenbewegung „TV Stud“, auch die studentischen Hilfskräfte. Das Ziel der Studentenbewegung sei es, durch einen Tarifvertrag vor allem bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen und besser bezahlt zu werden. Der Uni-Präsident Metin Tolan sei mit den Beschäftigten einer Meinung. Er betont jedoch auch, wie vielschichtig die Problematik und die damit verbundene Umsetzung einer Lösung sei:
O-Ton 4, Metin Tolan, 32 Sekunden
„Das Problem der Umsetzung ist, dass wir als Universität immer die Balance halten müssen zwischen auf der einen Seite einer Institution, die wissenschaftliche Weiterbildung betreibt und auf der anderen Seite, die natürlich Grundaufgaben zu erfüllen hat. Unter anderem überprüfen wir sehr genau, wie unsere Befristungspolitik ist im Bereich der nicht-wissenschaftlichen Mitarbeitenden, denn da sind eigentlich die Daueraufgaben relativ klar und da findet auch nur wenig Weiter-Qualifikation statt. Da sind wir jetzt schon dabei, Frau Schüller und ich.“
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Auch wenn das Thema noch nicht geklärt ist, scheint eine Veränderung durch den Einsatz der Initiative in Bezug auf die Befristungspolitik auch in nicht-wissenschaftlichen Bereichen in Sicht zu sein.
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