Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Anike Schiller
Datum:
Dauer: 02:47 Minuten bisher gehört: 158
Woyzeck, das berühmte Dramenfragment von Georg Büchner, wird zurzeit im Jungen Theater in Göttingen aufgeführt. Durch seinen frühen Tod im Jahr 1837 – Büchner war gerade einmal 23 Jahre alt – blieb das Werk unvollendet. Dennoch zählt es zu den einflussreichsten Dramen der deutschen Literatur. Der Soldat Woyzeck ist ein einfacher Mann, der glücklich sein könnte. Doch die Menschen in seinem Umfeld zwingen ihn in den Wahnsinn. Anike Schiller hat die Aufführung besucht und schildert ihre Eindrücke.
Dieser Beitrag wird Ihnen präsentiert von: Das Backhaus

Manuskript

Text

Um 20:00 Uhr gehen die Lichter aus. Scheinwerfer beleuchten die Bühne und die Personen, die zum Vorschein kommen. Sie singen und tanzen. Unter ihnen befindet sich auch das Paar Woyzeck und Marie, gespielt von Michael Johannes Mayer und Thyra Uhde. Woyzeck ist ein Soldat, viel Geld hat er nicht. Um seine Freundin und seinen Sohn zu versorgen, arbeitet er beim Hauptmann, der sein direkter Vorgesetzter ist. Woyzeck hilft ihm unter anderem beim Ankleiden und Rasieren. Marie und Woyzeck leben in wilder Ehe, da sie sich eine Hochzeit nicht leisten können.

Die heitere Stimmung auf der Bühne wird auch durch die darauffolgende Szene nicht getrübt. Woyzeck, Marie und ihr Sohn besuchen mit einigen anderen Personen einen Zirkus. Mit viel Humor und Freude wird den Figuren im Stück eine Vorstellung geboten. Doch danach bröckelt die glückliche Fassade und der Zuschauer bekommt einen Einblick in Woyzecks alltägliches Leben. Der Protagonist ist das „Versuchskaninchen“ in einer Forschungsreihe des Doktors, welchem das Wohlergehen Woyzecks egal ist. Um mehr Geld für seine Familie zu verdienen, willigt Woyzeck ein, sich drei Monate lang ausschließlich von Erbsen zu ernähren. Doch diese Hülsenfrucht-Diät treibt ihn nach und nach in den Wahnsinn. Er beginnt zu halluzinieren und hört überall Stimmen. Zu allem Überfluss findet er dann auch noch heraus, dass Marie ihn betrügt. Er kann nicht mehr gegen seine Emotionen ankämpfen und verliert völlig den Verstand. Schließlich begeht Woyzeck eine schrecklich Tat.

Dieses Stück ist durch seine spannende Handlung, seine wechselnden Stimmungen in den verschiedenen Szenen und einige Gesangseinlagen mehr als nur sehenswert. Die Art und Weise wie die Schauspieler ihre Charaktere verkörpern ist einfach beeindruckend. Besonders Michael Johannes Mayer sticht mit seiner schauspielerischen Leistung heraus. Er spielt Woyzeck sehr glaubwürdig und schafft es, die Emotionen seines Charakters und die Art und Weise, wie seine Figur nach und nach den Verstand verliert, extrem glaubwürdig zu verkörpern. Auch die szenischen Mittel sind sehr gut gewählt. Mit wenigen Requisiten schafft es das Team, in ein paar Sekunden das Bühnenbild in eine neue Kulisse zu verwandeln. So gab es zum Beispiel einen kleinen Wald, welcher aus vielen Stöcken bestand oder das Labor des Doktors, welches mit einem Metalltisch und Reagenzgläsern dargestellt wurde. Auch mit der Musik und dem Licht wurde die Atmosphäre noch einmal verstärkt. Bei spannenden Szenen wurde es dunkler und ein kühles Licht fiel auf die Bühne. Bei den Szenen, in denen die Charaktere glücklich waren, wurde die Bühne in warmes Licht getaucht und fröhliche Musik gespielt. Ganz besonders gut unterstrichen diese szenischen Mittel die Halluzinationen Woyzecks.

Insgesamt kann ich dieses Stück nur weiterempfehlen. Es bietet eine fesselnde Handlung, hervorragende schauspielerische Leistungen und beeindruckend gespielte Emotionen. Also ein wirklich guter Grund ins Theater zu gehen.

 

Das Stück wird als nächstes am 16.04. um 20 Uhr im Jungen Theater gespielt.